Zwei Mäuse aus dem Labor von Peter de Keizer, die besonders schnell altern. Die Maus links erhielt die "Verjüngungssubstanz".

Peter de Keizer

Rotterdam/Wien – Peter de Keizer ist einer der Jungstars unter den Alternsforschern. Und der Mann hat einigermaßen konkrete Visionen: "Womöglich werden wir uns ab 65 einfach alle fünf Jahre im Spital unsere Verjüngungsspritze geben lassen", sagte der 36-jährige Wissenschafter der Erasmus-Universität Rotterdam kürzlich in einem Interview mit der britischen Tageszeitung "Guardian".

Solche Versprechungen haben eine lange Tradition. Ein Zurückdrehen der biologischen Uhr wurde in den vergangenen Jahrzehnten oft genug in Aussicht gestellt. Einen der größten Hypes lieferte ein Österreicher: Der Hormonforscher Eugen Steinach behauptete 1920, alte Männer durch Hodenverpflanzungen und Unterbindung der Samenleiter verjüngen zu können. Auch wenn andere seiner Forschungen bahnbrechend waren und er elf Mal für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde: Seine Verjüngungstherapien blieben letztlich erfolglos.

Die "Entfernung" alter Zellen

Peter de Keizer und sein Team verfolgen einen anderen Weg, der auf Ebene der Zellen ansetzt. In den letzten Jahren wurde nämlich klar, dass alte Zellen, die sich nicht mehr teilen, eine wesentliche Rolle bei typischen Altersbeschwerden wie Arthritis oder Gefäßerkrankungen spielen. Und erst 2016 zeigte eine Untersuchung, dass die Entfernung dieser seneszenten (also: alten) Zellen Mäuse 20 Prozent länger leben lässt.

In der neuesten Arbeit von de Keizers Gruppe wurde nun bei Mäusen eine Substanz getestet, die für den Tod der alten Zellen sorgt. Dieses sogenannte Peptid wurde so konzipiert, dass es junge gesunde Zellen leben lässt, aber nur alte Zellen in den Selbstmord treibt. Für die neue Studie erhielten normale Mäuse und solche, die wegen eines gentechnischen Eingriffs besonders schnell altern, drei Mal pro Woche Infusionen dieser Substanz.

Kahlen Mäusen wuchsen Haare

Dabei zeigte sich Erstaunliches, das auch die Forscher selbst verblüffte: Sie wollten eigentlich nur sehen, ob sich die Nierenfunktion verbessern würde. Doch wie sie nun im Fachblatt Cell schreiben, wuchs bei gealterten Mäusen, denen bereits die Haare ausgegangen waren, das Fell auch an den bereits kahlen Stellen nach. Die Nierenwerte verbesserten sich ebenfalls, und auch ihr gesamtes Verhalten wurde wieder aktiver.

Ob und wie das Peptid beim Menschen wirkt, soll demnächst experimentell getestet werden. De Keizer und Kollegen wollen mit Patienten beginnen, die unter einem Glioblastom leiden, einem besonders aggressiven Hirntumor, der ähnliche Merkmale aufweist wie seneszente Zellen.

Beeindruckte Kollegen

Experten, die an der neuen Studie nicht beteiligt waren, zeigten sich jedenfalls beeindruckt: Francis Rodier (Uni Montreal) wertet sie in "Science" als Meilenstein in diesem Forschungsfeld. Juan Carlos Izpisua Belmonte (Salk Institute) hält den Ansatz im "Guardian" für "superb" und ist sich sicher, dass dieses Peptid oder ähnliche Substanzen in den nächsten Jahren beim Menschen klinisch getestet werden. (tasch, 25.3.2017)