Der offizielle Parteikandidat der Sozialisten, Benoît Hamon, hat derzeit nichts zu lachen: Parteifreunde sehen seine Felle davonschwimmen und stellen sich hinter den parteilosen Kandidaten Emmanuel Macron, der Umfragen zufolge in die Stichwahl kommt.

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Ist Emmanuel Macron ein verkappter "Hollandist"? Dieser Vorwurf politischer Gegner zur Rechten wie zur Linken erhält Nahrung durch den Frontwechsel von Nahestehenden des französischen Präsidenten François Hollande zu dem überraschenden Präsidentschaftsfavoriten. Der prominenteste Fall ist Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian. Vor ihm hatten sich schon Parlamentspräsident Claude Bartolone und der frührere Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë auf Macrons Seite geschlagen. Zahlreiche Abgeordnete wie Christophe Caresche oder Christophe Castaner haben sich seit langem dem parteilosen Ex-Wirtschaftsminister angeschlossen und nehmen zum Teil wichtige Posten im Wahlkampf-Organigramm des 39-jährigen Kandidaten ein. Die Warnung der Sozialistischen Partei, bei den Parlamentswahlen im Juni die politische und technische Unterstützung durch den Parteiapparat zu verlieren, schlagen sie in den Wind.

Macron geht der Zulauf von links langsam selber zu weit. Das absehbare "ralliement" (Überlaufen) von Ex-Premier Manuel Valls und Umweltministerin Ségolène Royal hat er nach diversen Quellen dankend zurückgewiesen. Eine kollektive Fahnenflucht sozialistischer Abgeordneter per offenen Brief verhinderte er im letzten Moment mit der Erklärung: "Ich habe doch keinen Gasthof gegründet."

Der Grund ist die zunehmende Kritik, dass Macron zu einer Absteige für um ihre Zukunft besorgte Sozialisten des rechten Parteiflügels werden könnte. Der konservative Kandidat François Fillon wirft dem Mittekandidaten ohnehin vor, er stehe für die konturenlose Politik des aktuellen Staatschefs, dessen Wirtschaftsminister Macron zwei Jahre lang war.

Hollande als Last für Macron

Macron erhält zwar auch die Unterstützung von Christdemokraten wie François Bayrou und wahrscheinlich bald vom gaullistischen Ex-Premier Dominique de Villepin; am Sonntag lief zudem ein Dutzend Senatoren der Zentrumspartei UDI über. Im Kern aber, wie auch in weiten Teilen seines Programms, ähnelt Macrons Ansatz am ehesten der konsensuellen Politik Hollandes. Und das ist nicht unbedingt ein Vorteil, nachdem der unpopuläre Staatschef sogar auf eine Wiederkandidatur verzichten musste. Es schadet vielmehr dem Image des jungen Kandidaten, der von sich behauptet, er stehe als einziger Kandidat für eine Erneuerung der französischen Politik ein.

Der offizielle Kandidat des Parti Socialiste, Benoît Hamon, der in den Umfragen auf 12 Prozent Sympathiestimmen und damit nur auf die Hälfte von Macrons Wert kommt, greift den parteilosen Shootingstar scharf an: Er sei meilenweit von linken Idealen entfernt, indem er die Vermögenssteuer senken, die Zahl der Beamten reduzieren und den Druck auf die Arbeitslosen erhöhen wolle. Zu den plötzlich so zahlreichen "Macronisten" meinte er diese Woche: "Ich rechnete nicht mit so viel Verrat."

Bei einem großen Wahlmeeting in Paris-Bercy vor einer Woche hatte Hamon zwar 15 000 Anhänger begeistert. In den vorderen Rängen waren aber kaum Minister zu sehen. Parteichef Jean-Christophe Cambadélis machte ihm die Aufwartung, vermittelte allerdings er den Eindruck, als sei seine Präsenz nur eine Pflichtübung. Oder vielleicht auch der verzweifelte Versuch, eine vor der Spaltung stehende Partei zusammenzuhalten. (26.3.2017)