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Der Oppositionelle Nawalny wird in Moskau von der Polizei weggeschafft.

Foto: Reuters/Maxim Shemetov

Washington / Moskau –Die USA haben die Festnahme hunderter friedlicher Regierungsgegner bei Demonstrationen in Russland scharf kritisiert. Das sei ein "Angriff auf zutiefst demokratische Werte", monierte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Sonntagabend auf Facebook.

Man sei auch besorgt über die Festnahme des Oppositionellen Alexej Nawalny und fordere die russische Regierung auf, alle friedlichen Demonstranten sofort freizulassen. Bei landesweiten Massenprotesten hatte die Polizei am Sonntag mehrere Hundert Demonstranten und Anhänger von Nawalny festgenommen. Nach Angaben der Menschenrechtsgruppe OWD Info gab es alleine in Moskau mindestens 933 Festnahmen und dutzende weitere in anderen russischen Städten. Beobachtern zufolge handelte es sich um die größten landesweiten Proteste seit 2011.

Nawalny selbst wurde gleich zu Beginn der nicht genehmigten Kundgebung im Zentrum von Moskau festgesetzt. Er will bei der Präsidentenwahl 2018 gegen Präsident Wladimir Putin kandidieren, der wahrscheinlich zur Wiederwahl antritt. Ein Gericht hat den Kremlkritiker allerdings zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Nawalny wirft den Behörden vor, ihn an der Kandidatur hindern zu wollen.

"Friedlicher Spaziergang"

"Mir geht es gut. Sie haben mich mitgenommen", twitterte Nawalny. "Setzt den friedlichen Spaziergang fort. Das Wetter ist gut." Es sei "alles in Ordnung", versicherte der Oppositionspolitiker. "Versucht nicht, für mich zu kämpfen. Unser Thema ist heute der Kampf gegen Korruption." Hunderte Menschen hatten zuvor versucht, jenen Polizeibus am Wegfahren zu hindern, in den Nawalny gebracht worden war. Auf dem Puschkin-Platz wurden aus der Menge Protestrufe gegen Präsident Wladimir Putin laut: "Russland ohne Putin!", riefen die Demonstranten – und "Russland wird frei sein!"

Nawalnys Angaben zufolge sollen alle Mitarbeiter seines Fonds zur Bekämpfung der Korruption festgenommen worden sein. Polizeiquellen in Moskau sprachen von mehr als 500 Festgenommenen allein in der Hauptstadt. Aktivisten gaben die Zahl der Festgenommenen mit 700 an.

Mehrere Tausend Demonstranten

Nawalny hatte zuvor dazu aufgerufen, in 100 Städten friedlich gegen Korruption in Russland zu demonstrieren. Die Demonstration im Zentrum Moskaus wurde von der Stadtverwaltung nicht genehmigt, Behörden hatten bei einer Teilnahme mit hartem Durchgreifen gedroht. Dennoch folgten mehrere Tausend Demonstranten in St. Petersburg und Moskau dem Aufruf, in zahlreichen Städten in Sibirien gab es ebenfalls Proteste. "Ich bin sehr froh, dass so viele Menschen vom Osten des Landes bis Moskau auf die Straßen gehen", sagte Nawalny kurz vor seiner Festnahme.

In Wladiwostok an der Pazifikküste wurden von 180 Demonstranten rund 25 Menschen in Gewahrsam genommen. Dort entrollten die Menschen ein Banner mit der Aufschrift "Der Ministerpräsident muss antworten". Eine 17-jährige Studentin sagte, in vielen anderen Ländern müssten Regierungen nach solchen Vorwürfen zurücktreten.

Nawalny hatte Anfang März in einem Video Regierungschef Dmitri Medwedew Korruption im großen Stil vorgeworfen. Er soll sich mit Hilfe von Strohmännern zahlreiche Immobilien angeeignet haben. Mit seinem Fonds veröffentlicht Nawalny regelmäßig Belege für die angebliche Bestechlichkeit ranghoher Staatsdiener. Medwedew wirft er vor, zu den reichsten und korruptesten Politikern des Landes zu zählen. Eine Sprecherin des Ministerpräsidenten nannte die Vorwürfe "propagandistische Attacken".

Spezialkräfte und Hubschrauber

Die Polizei in Moskau setzte Spezialkräfte ein, mehrere Hubschrauber kreisten über dem Zentrum. Die Polizisten gingen brutal gegen die friedlichen Demonstranten vor. "Ihr sollt doch dem Volk dienen!", schrie ein Passant den Einsatzkräften zu. "Wir dienen nur dem Präsidenten", antwortete ein Polizist.

Die Demonstrationen verliefen zunächst weitgehend friedlich. Autofahrer hupten auf den Straßen als Zeichen ihrer Unterstützung. Viele skandierten politische Slogans. "Wir sind frustriert, dass sich in Russland nichts ändert", sagte die 24-jährige Studentin Anastassija in Moskau. "Natürlich wird der Protest die Machthaber nicht stürzen, aber wir wollen ein Zeichen setzen." Sie nehme dafür auch in Kauf, festgenommen zu werden.

Zuletzt hatten Unzufriedene in Russland im Winter 2011/12 gegen Wahlfälschungen demonstriert, diese Bewegung hatte Putin niederschlagen lassen. Gedenkkundgebungen mit mehreren Tausend Teilnehmern gibt es auch zu den Jahrestagen der Ermordung des Oppositionspolitikers Boris Nemzow. (APA/Reuters, 26.3.2017)