Wien – Nach Ansicht vieler Biogas-Produzenten hat die Republik Österreich ihre im Ökostromgesetz 2002 verankerte Zusage für kostendeckende Einspeisetarife nicht eingehalten und den Anlagenbetreibern dadurch einen Schaden von etwa 700 Millionen Euro an bisher entgangenen Tarifzusagen verursacht. Die Biogas-Produzenten verlangen eine Nachzahlung der entgangenen Beträge, ansonsten will man die Republik klagen.

"Wir sind nicht Bittsteller, was Ökostrom-Tarife betrifft, sondern wir haben einen Rechtsanspruch", sagt Robert Prochazka, der nach eigenen Angaben eine kleine Gruppe von Anlagenbetreibern vertritt, die für etwa 20 Prozent der Anlagenleistung verantwortlich sei. Insgesamt gibt es in Österreich knapp 300 Biogas-Anlagen mit einer elektrischen Engpassleistung von 80 MW. "Viele Juristen sagen uns das auch: Es ist im Ökostromgesetz 2002 ganz klar drinnen, dass die Tarife angepasst werden müssen."

Ausstiegshilfen

Die kleine Ökostrom-Novelle, die am Mittwoch im Nationalrat beschlossen werden soll, sieht unter anderem Ausstiegshilfen für unrentable Biogasanlagen vor. Für neue Biogasanlagen soll ab 2018 kein zusätzliches jährliches Unterstützungsvolumen mehr zur Verfügung stehen.

"Der derzeitige Ansatz, insbesondere der Technologie-Abfindung, Abwrackprämie und was sonst noch so herumgeistert, gefällt uns überhaupt nicht", sagte Prochazka am Montag in einem Pressegespräch in Wien. Das Vorhaben gehe "völlig an der Realität vorbei und hat keine Chance, in Brüssel als Gesetz durchzugehen". Höchstens 11 Prozent der Anlagen kommen in den Genuss einer "völlig wettbewerbswidrigen und sinnlosen Schließungsprämie". Auch der Kompost & Biogas Verband Österreich kann der geplanten "Abwrackprämie" nichts abgewinnen. "Nicht nur, dass kaum Anlagen davon betroffen sein können, eine Umschichtung zum Nachfolgetarif ist die einzige Möglichkeit, dass Geld effizient einzusetzen", kritisierte Geschäftsführer Bernhard Stürmer am Montag in einer Aussendung. "Die im Abfindungsgesetz vorgesehenen Mittel wurden bereits für Biogas budgetiert. Und nun werden sie nochmal für das politische Gegengeschäft verwendet."

"Nicht ausreichend"

Die im Ökostromgesetz 2002 versprochenen Tarife seien nicht ausreichend gewesen um einen wirtschaftlichen Betrieb zu führen, sagen die Biogas-Produzenten. "Ich hatte in den letzten Jahren 46 Biogasanlagen über meinen Schreibtisch laufen", sagte der Berater Thomas Lang. Die Auftraggeber waren immer Banken oder Masseverwalter." Auch in Deutschland gebe es Biogas-Produzenten, die in finanzielle Schieflage geraten seien, obwohl die Vergütungen dort in Summe um etwa 25 Prozent höher seien als in Österreich. Hierzulande "wurde weniger der Inhalt unserer Vorschläge kritisiert, es wurde immer – in Österreich sehr beliebt – das Beihilfenrecht von Brüssel vorgeschoben." Auch Deutschland unterliege dem Beihilfenrecht, aber dort erlöse eine durchschnittlichen Biogasanlage um 300.000 bis 400.000 Euro pro Jahr mehr als in Österreich.

Der eingebrachte Entwurf der Ökostromgesetznovelle 2017 ermögliche maximal 27 Prozent der Biogasanlagen eine Weiterführung und bediene nicht deren bisherige unverschuldete Verluste, kritisierte Prochazka. Im Falle des Scheiterns der in der Regierungsvereinbarung 2013 festgelegten "stranded costs" und einer machbaren Umsetzung wäre man gezwungen die Republik zu klagen. Man werde jetzt das Gesetzgebungsverfahren im Parlament und das Notifizierungsverfahren in Brüssel abwarten, "es wird aber nicht mehr ewig dauern können und dürfen, wir haben Betreiber, die vor der Delogierung stehen." Die Klagen könnte voraussichtlich im zweiten Halbjahr erfolgen, "ich gehe aber davon aus, dass wir noch in diesem Parlamentshalbjahr einen Verhandlungsweg erreichen werden". (APA, 27.3.2017)