ORF-Chef Wrabetz.

Wien – Im ORF stoßen die Vorstellungen der Neos für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Senders wenig überraschend auf Ablehnung. Sowohl das Unternehmen selbst als auch der Zentralbetriebsrat wiesen das von Mediensprecher Niko Alm am Montag präsentierte Papier zurück.

"Das von den Neos vorgelegte Konzept ist ein in freundliche Worte gekleideter Leitfaden zur Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich und zum Ausverkauf des österreichischen Medienmarktes an deutsche und internationale Medienkonzerne, verbrämt mit Versatzstücken neoliberaler Ideologie", formulierte der ORF seine Interpretationen des Positionspapiers für einen "ORF 2022".

Der ORF verwies in seiner Aussendung darauf, dass internationale Konzerne schon jetzt den heimischen TV- und Werbemarkt bestimmten. "Dass österreichische Anbieter von einer Abschaffung des ORF profitieren würden, ist eine von Unkenntnis der Mechanismen des heimischen Medienmarktes geprägte Hoffnung." Eine Umsetzung des Neos-Konzept würde die Abschaffung der "Finanzierungsgrundlagen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks" bedeuten. Die Halbierung der ORF-Einnahmen "hätte die Vernichtung von mehr als 3.000 Arbeitsplätzen im ORF und über 200 Betrieben der heimischen Produktionswirtschaft zur Folge", warnte das Unternehmen. Dass mit Steuergeldern einer neu aufgestellten Medienförderung "kommerzielle Medien" finanziert würden, behagt dem ORF auch nicht.

Moser: "Neoliberale Inkompetenz und Arroganz"

"Unter dem scheinheiligen Deckmantel der 'Förderung öffentlich-rechtlicher Inhalte mit gesellschaftlichem Mehrwert' plant diese neoliberale Truppe nichts anderes als die Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, indem sie den ORF direkt der staatlichen Willkür unterordnen und ihm zugleich die Hälfte seines Einkommens kappen will", sagt ORF-Zentralbetriebsratchef Gerhard Moser auf STANDARD-Anfrage zu den ORF-Plänen der Neos.

Das sei "nichts anderes als die nahtlose Fortsetzung einer Medienpolitik, die von tiefgehender Inkompetenz und antisozialer Arroganz geprägt ist. Inkompetenz, weil den Herren Alm und Co. offenbar nicht klar ist, was ihre von ihnen so bezeichnete 'tabula rasa'-Politik gegenüber dem ORF tatsächlich bedeutet".

Moser: "Einen nicht wiedergutzumachenden demokratiepolitischen Schaden, gerade in Zeiten von 'fake news' und 'shit storms' in den neuen sozialen Medien. Einen ökonomischen Schaden für die Filmwirtschaft bis hin zur Werbewirtschaft, die sich für ein Werbeverbot im ORF, wie es diese Neos haben wollen, herzlich bedanken wird. Einen ökonomischen Nutzen wiederum für deutsche Konzerne, die ihren Medienzweig ohnehin nur noch als Nebengeschäft im digitalen Partner- und Versandhandel verstehen. Antisoziale Arroganz deshalb, weil der Herr Alm seinem Spaghettisieb nicht einmal ein paar Krokodilstränen über die Zukunft hunderter Arbeitsplätze und Menschen im ORF entlocken konnte. APA-Zitat von der heutigen Pressekonferenz. "Dass das nicht ganz konsequenzlos ist, ist klar."

"Interessant ist die Frage, was der Neos-Financier und ORF-Stiftungsrat Haselsteiner zu den Plänen seiner Freunde zu sagen hat?", so Moser. "Interessant deshalb, weil er als Stiftungsrat dem Wohl des Unternehmens ORF verpflichtet ist, und weil er bislang auch nicht mit derart kruden Ideen, wie sie sich in der 'ORF 2022-Vision' befinden, aufgefallen ist. (APA, red, 27.3.2017)