"... A long time that I'm waiting", hört man Nick Drake in Stephan Kasimirs Inszenierung von Warten auf Godot singen. Und das Publikum kann kaum glauben, dass Samuel Becketts seit 1953 nicht eben für Kurzweil stehendes Stück schon wieder aus sein solle. Der berühmte Baum, dem Beckett im zweiten Akt "4 oder 5 Blätter" spendierte, steckt beim Theater Wagabunt in Dornbirn als aufgespanntes Schirmskelett in einem Kübel – und wenn der Flickenvorhang nach der Pause aufgeht, hat der Sonnenschirm Stoff zwischen den Schienen: ein zauberhafter Pflanz!

Die Bühne verkleidete Caro Stark mit Mulchmatten; clownnasenrote und kunstschneeweiße Akzente platziert sie so wie der Regisseur die varietéinspirierten Songeinsprengseln der Kinks. Frech begleiten diese die bizarren Auftritte von Pozzo und Lucky als "a little trip". Tatsächlich scheint der Herr (Helmut Kasimir) eher auf dem Weg ins Maxim als zum Markt. Der Grunge-Leibeigene Anwar Kashlan – knurrend, fauchend – führt "quaquaquaqua"-Wissenschaft und -Philosophie als ekstatische Parodie vor.

Ganz bei sich sind Wladimir und Estragon, die in brüderlicher Notgemeinschaft die Optionen Erhängen und/oder Erlösung wiederkäuen. Robert Kahr kramt nach Radieschen, singt und fröstelt im ausgeleierten Unterleiberl, das Sakko tat er dem schnarchenden Wolfgang Pevestorf um. Wie Kinder eine Taschenlampe knipsen diese Clochards Stimmungen ein und aus, die Batterie speist sich aus der Idee von Godot. Dieser machte sich mittlerweile einen Namen in der Palliativmedizin: "Godot-Syndrom".

Die mehr als respektable Produktion des Theaters Wagabunt zeigt, dass der große Unbekannte auch abseits der Diagnostik nicht ausgedient hat. (pen, 27.3.2017)