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Matteo Renzi, ehemals Premierminister.

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Roberto Speranza (links) und Pier Luigi Bersani, ehemaliger PD-Chef und heute bei dessen Abspaltung aktiv.

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Luigi Di Maio

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Matteo Salvini

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Silvio Berlusconi

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Angelino Alfano

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Sie bekriegen und trennen sich, verpassen ihren Parteien andere Namen und neue Partner. Mit Pauken und Trompeten bringen sich Italiens Politiker neu in Stellung. Einen Termin für Neuwahlen gibt es keinen, auch die Reparatur des dafür nötigen Wahlgesetzes steht noch an. Die regierende Linke zerfleischt sich gerade in aller Öffentlichkeit selbst, obwohl der Zeitpunkt ungünstiger nicht sein könnte: Die Umfragen sehen die Fünf-Sterne-Bewegung erstmals ganz vorn. Und die Rechte, die will ausgerechnet Silvio Berlusconi retten. Ein Überblick:

Matteo Renzi hatte bereits eine schwere Niederlage hinter sich, als er eine zweite schlechte Nachricht verdauen musste: Zuerst sah er sich als Premier nach der Absage an seine Verfassungsreform zum Rücktritt gezwungen. Dann kündigten drei Dutzend Abtrünnige die Lossagung vom Partito Democratico (PD) an. Damit durchkreuzen sie Renzis Pläne, mit neuer Frische als Spitzenkandidat wieder in den Ring zu steigen. Die Sozialdemokraten, die ohnehin schon gegenüber den Fünf Sternen an Boden verloren haben, droht damit ein noch größerer Stimmenverlust. Der ehrgeizige Renzi bleibt zwar laut allen Umfragen der von der Bevölkerung präferierte Premier. Je später aber gewählt wird, desto mehr befürchtet er, seinen Nimbus als Hoffnungsträger endgültig zu verlieren.

Ende Februar aus der Taufe gehoben, liegen die "Demokraten und Fortschrittlichen" ("Democratici e Progressisti") derzeit bei rund fünf Prozent, Tendenz steigend. Laut Umfragen könnten die Parlamentarier aus dem linken Parteiflügel des PD, die sich aus Opposition zu Matteo Renzi neu formiert haben, die Mutterpartei bis zu zehn Prozentpunkte kosten. Als fleischgewordener Anti-Renzi bringt sich der ehemalige PD-Fraktionschef Roberto Speranza in Stellung, er war schon bei der Kampagne gegen dessen Verfassungsreform federführend. Im Gegensatz zu Renzi drängt er nicht auf Neuwahlen, sie wollen die jetzige Übergangsregierung bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2018 unterstützen.

Ex-Premier Renzi konnte sich lange damit rühmen, dass seine Partei mit Umfrageergebnissen von zeitweise 40 Prozent die stärkste Italiens und sogar erfolgreichste sozialdemokratische Kraft in Europa war. Inzwischen ist ihre Zustimmung auf 25 Prozent geschrumpft, die Fünf-Sterne-Bewegung hat sie auf Platz zwei zurückgedrängt. Die vom Komiker Beppe Grillo gegründete Protestpartei plagt sich zwar selbst mit eigenen Abspaltungen und einer ganzen Reihe von Skandalen herum, die Negativschlagzeilen perlen aber weitgehend an ihr ab und werden davon verdrängt, dass sich ihr regierender Hauptgegner gerade lautstark selbst demontiert. Der Fünf-Sterne-Kandidat für das Amt des Regierungschefs Luigi Di Maio wünscht sich ein Referendum für den Euro-Austritt Italiens, Gründer Grillo mehr Politiker vom Schlag Donald Trumps und Wladimir Putins.

Er sollte das neue Gesicht der italienischen Rechten sein, nachdem Silvio Berlusconi von der Bildfläche verschwunden war. Seitdem Matteo Salvini 2013 zum Parteisekretär der Lega Nord aufgestiegen ist, hat er die separatistische Partei weiter zu einer landesweiten ausgebaut. Inzwischen aber stellt sich die Frage, ob die ultrarechte, europafeindliche und russlandfreundliche Partei mit dem wegen seines ruppigen Kurses umstrittenen Salvini den Zenit erreicht hat: Die Lega steht bei knapp 13 Prozent, Berlusconis Forza Italia ist ihr dicht auf den Fersen. Und so ging Salvini, nachdem er Berlusconi öffentlich als unzeitgemäß abgestempelt hat, kürzlich doch wieder auf diesen zu: Gemeinsam kämen sie auf über 20 Prozent.

Silvio Berlusconi mag bereits 80 sein, und immerhin wartet er eigentlich immer noch auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, ob er nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs und dem damit verbundenen Ämterverbot überhaupt antreten darf. Das Marketinggespür ist dem Forza-Italia-Chef aber nicht abhandengekommen. Er setzt auf sein Alter, oder wie er es formuliert, seine "Erfahrung", sein "Können" und spricht neuerdings gezielt über 40-Jährige und ältere Italiener an. Allein die über 65-Jährigen machen 12,5 Millionen Wähler aus, das ist eine Million mehr Stimmen als die unter 35-Jährigen. Berlusconi kommt mit seiner Partei derzeit auf zwölf Prozent, er peilt ein rechtes Bündnis an, zeigt sich aber zur Zusammenarbeit mit der Linken bereit.

Lange galt er als Silvio Berlusconis politischer Ziehsohn, manche nannten ihn dessen Kronprinz, andere sagten "Wasserträger" zu ihm. Die Karriere des Sizilianers Angelino Alfano war lange mit Berlusconi verbunden. Nach dessen Rücktritt blieb Alfano in der Regierung, inzwischen ist er Außenminister. 2013 gründete er die Zentrumspartei NCD, die er in einer christdemokratischen, moderaten Tradition verstanden wissen wollte. Inhaltlich ändert sich mit Alfanos jüngstem Rebranding – er löste die NCD auf und gründete die Alternativa Popolare – nichts: Mit der bürgerlichen UDC kommt er in Umfragen auf 3,2 Prozent, er hofft nun, mehr gemäßigte Kräfte zu vereinen. (Anna Giulia Fink, 28.3.2017)