Der Kanzler verwendet den Begriff fast schon inflationär. Kaum eine Rede, in der Christian Kern nicht zur Solidarität mahnt, gerade wenn es um die "faire" Verteilung von Flüchtlingen in Europa geht. Doch versucht die EU-Kommission dann, ebendiese Verteilung voranzutreiben, sagt der heimische Regierungschef: Mit uns nicht!

Es sind wahrlich keine Massen, die das "Relocation"-Projekt der EU dem Land zumutet. Österreich soll 1953 Asylwerber aus Griechenland und Italien übernehmen, doch dem SPÖ-Obmann ist selbst das zu viel. Im Vergleich dazu stand sogar der schwarze Innenminister kurzfristig wie die Mutter Theresa der Koalition da – um dann selbst den Ausstieg aus dem Programm zu propagieren.

Es stimmt schon: Österreich hat, wie die Koalitionäre betonen, seit 2015 bereits viele Flüchtlinge aufgenommen. Abschottungspolitik sieht anders aus, da kann man vorher auf viele andere Staaten mit dem Finger zeigen.

Doch die Regierung hat sich vor zwei Jahren nun einmal zur Relocation-Quote verpflichtet. Will sich der Kanzler – im Gegensatz zur deutschen Amtskollegin – davonstehlen, gibt er ein desaströses Vorbild ab. Weitere Staaten drohen abzuspringen, das Projekt wird nie in die Gänge kommen.

Bisher hat sich gerade die SPÖ gegen Gerede, in Österreich herrsche Notstand, verwahrt. Indem sie 1.900 Flüchtlinge trotz sinkender Asylantragszahlen zur Bedrohung stilisieren, schwenken Kern und Co nun in diese Logik ein. (Gerald John, 27.3.2017)