Für ein Architekturstudium zog es den Ukrainer Oleksii Kysilenko an die FH Kärnten.

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Klagenfurt – Als Architekt versucht Oleksii Kysilenko (30), Häuser im Kontext der Umgebung wahrzunehmen und etwas Ästhetisches, das zur Realität des Lebensraumes passt, zu schaffen. Kysilenko interessiert sich für das versteckte und unentdeckte Potenzial städtischer Gebäude, die ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen. Für sein Projekt zur Erforschung dieser "blinden Flecken" wurde ihm kürzlich das erste Stipendium für den Bereich Architektur des Landes Kärnten verliehen.

Dass ihn Design und Architektur interessieren, wusste Kysilenko schon früh, allerdings gab es noch etwas, das ihn sehr faszinierte. Während der Schulzeit hat er einen ukrainischen Mathematikwettbewerb gewonnen und war dadurch an einer Universität für Programmierer zugelassen. Schlussendlich unterzog er sich dem Aufnahmetest für das Architekturstudium nur deshalb, weil er herausfinden wollte, ob eine andere Universität ihn ebenfalls nehmen würde – und er bestand.

Österreich hat der zweifache Vater im Zuge eines Auslandssemesters in Kärnten während seiner Studentenzeit zu schätzen gelernt. Nach Vollendung seines Diplomstudiums in Kiew beschloss er, gemeinsam mit seiner Frau, die ebenfalls Architektin ist, ein weiteres Masterstudium der Architektur an der Fachhochschule Kärnten zu absolvieren. "Wir haben viel gelernt. Mein Lieblingsfach war Ausführungsplanung, denn es geht natürlich nicht nur ums Entwerfen und um Details, nicht nur um Ästhetik, sondern auch besonders um die Ausführbarkeit", sagt Kysilenko.

Im Zuge seiner Abschlussarbeit in Kärnten widmete er sich der städtebaulichen Revitalisierung des Mautner-Markhof-Areals in Klagenfurt, das früher ein Industriegebiet war und lange leerstand. Dabei kristallisierte sich Kysilenkos Liebe zur alten Bausubstanz heraus – die Idee, sich den "blinden Flecken" zu widmen, war ein natürliches Nachfolgeprojekt dazu. Besonders der Prozess, herauszufinden, was wertvoll ist, und etwas Schönes auf Grundlage des bereits bestehenden Materials zu erschaffen, dem Vergangenen wieder Leben einzuhauchen, anstatt es verfallen zu lassen, reizt den Architekten.

"Es soll eine Arbeit werden, die wirklich gewinnbringend ist für die Stadt Klagenfurt und vor allem für die Bewohner. Menschen stehen immer an erster Stelle", sagt Kysilenko. Die Gebäude einer Stadt müssten den Maßstäben der Menschen entsprechen. Städtebauliche Akzente seien zwar gut, sollten aber die Umgebung nicht mit ihrer Gegensätzlichkeit ausstechen.

Zurzeit befindet sich Kysilenko am Beginn der Projektarbeit und analysiert die Frage, wo sogenannte blinde Flecken in Klagenfurt zu finden sind. Dass er noch nicht lange in Klagenfurt lebt, sieht er als Vorteil, denn in seinem "naiven" Blick seien die Gebäude der Stadt nicht selbstverständlich, so Kysilenko. Zum Ende des Projektes hin soll ein Kriterienkatalog entstehen, der als Werkzeug zur Analyse alter Gebäude dienen kann. Auf dem noch langen Weg zum Ziel schätzt der junge Architekt es besonders, seine Frau um Rat fragen zu können. Was er so an Architektur liebt, beschreibt Kysilenko so: "Es gibt diese Tiefe, diese Extrawahrnehmung. Volumina und Materialien, Farben und Stoff – das alles lernt man durch die Architektur wahrzunehmen." (Geraldine Zenz, 2.4.2017)