Viele der stark gewalttätigen Videos hat Youtube mittlerweile entfernt.

Foto: Youtube/Simple Funs

Es ist einige Jahre her, da erfreute sich eine Online-Cartoon-Reihe namens "Happy Tree Friends" reger Popularität. Unschuldig wirkende Waldbewohner gingen dabei fröhlichen Aktivitäten nach, ehe die Handlung eine absurde Wendung nahm und die niedlichen Protagonisten auf blutige Weise zu Tode kommen ließ. Die Serie schaffte es auch ins reguläre TV-Programm von MTV.

Seher wussten allerdings, was sie erwartet. Nicht so bei zahlreichen Clips auf Youtube, wie die BBC berichtet. Youtube-Kanäle mit harmlos klingenden Namen wie "Baby Funny TV" kapern populäre Zeichentrickfiguren und lassen sie in verstörenden Videos auftreten. Damit erreichen sie ein sehr junges Publikum, auch dank Youtubes Empfehlungsalgorithmen.

Bekannte Charaktere, alternative Handlung

"Peppa Pig", "Mickey Mouse" oder Charaktere aus aktuelleren Filmen wie "Frozen" oder "Minions" – in kurzer Zeit ließen sich hunderte Clips auffinden, in denen die gezeichneten Stars direkt entlehnt wurden oder Figuren auftraten, die ihnen stark nachempfunden waren. Neben offensichtlichen Parodien und harmlosen Erzählungen enthielten zahlreiche Videos problematische Inhalte.

Die Handlung beginnt dabei oft harmlos, ist aber letztlich ganz und gar nicht kindertauglich. Das Gezeigte reicht von der Abtrennung des Ohrs von Mickey Mouse mit einer Schere über einen Besuch bei einem sadistischen Zahnarzt, der sich an einer vor Schmerz schreienden Kopie von "Peppa Pig" austobt bis hin zu sexuellen Anspielungen. Die Clips sind mit "offiziell" wirkenden Vorschaubildern versehen und mit Beschreibungen und Schlagwörtern ausgestattet, die nahe legen, dass die Kanalbetreiber es beabsichtigen, dass sie in Suchergebnissen für Kinderinhalte auftauchen.

Alternative Mickey Mouse-Cartoons wie diese tauchen auch in Empfehlungen für Kinderinhalte auf.
Simple Funs

Für kleine Kinder kaum zu unterscheiden

Ihre unerwartete Erfahrung mit der "dunklen Seite" der Cartoon-Welt dokumentiert die Journalistin Laura June auf The Outline. Sie berichtet, dass ihre dreijährige Tochter nach dem Ansehen von harmlosen Cartoons automatisch zu solchen Clips weitergeleitet wurde und diese auch von Youtubes Empfehlungsalgorithmen angeboten werden. Als sie bemerkte, dass ihre Tochter plötzlich einen gewalttätigen Cartoon sah, protestierte diese gegen das Abschalten. Für sie war die alternative Version von "Peppa Pig" nicht vom Original zu unterscheiden.

Manche der Kanäle, die diese Clips veröffentlichen, sind extrem erfolgreich. Der Channel "Toys and Funny Kids Surprise Eggs" hat insgesamt bereits mehr als fünf Milliarden Abrufe akkumuliert und gehört zu den Top 100 der meist aufgerufenen Auftritte auf dem Videoportal.

Psychologin fordert besseren Kinderschutz

Dass diese Videos existieren sei dabei abseits etwaiger Copyright-Verstöße kein Problem und von der Freiheit der Meinung und Kunst gedeckt, argumentiert die Psychologin Sonia Livingstone von der London School of Economics. Eltern, die ihr Kind etwa für ein Telefonat einige Minuten unbeaufsichtigt lassen, sollten sich darauf verlassen können, dass Videos, die "Peppa Pig"-Inhalte versprechen, auch solche böten. Sie fordert bessere Maßnahmen zum Kinderschutz, zumal Youtube weithin als vertrauenswürdiges Portal gilt.

Auf Youtube gibt es zwei Möglichkeiten, anstößige Inhalte auszublenden. Einerseits bietet die Seite einen "Restricted Mode" an. Andererseits gibt es mit Youtube Kids eine eigene App für Kinder, mit der ausschließlich Videos für junge Zielgruppen gezeigt werden sollen. In beiden Fällen sollen jedoch immer wieder problematische Cartoon-Fakes durchrutschen.

Youtube reagiert

Weder die Betreiber von Kanälen mit den alternativen Cartoons, noch Disney und EntOne als Rechteinhaber für viele der Figuren, reagierten auf Anfragen der BBC. Youtube selber verweist auf seine bestehenden Filtermöglichkeiten, die aber niemals zu hundert Prozent akkurat sein könnten. Man bemühe sich aber darum, schnell zu reagieren, wenn Nutzer problematische Videos meldeten. Seitdem die Situation publik geworden ist, sind einige der problematischen Cartoon-Fakes entfernt worden. (red, 29.03.2017)