Die CEU-Privatuniversität in Budapest steht womöglich vor dem Aus.

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Die Verachtung, die Ungarns rechtspopulistischer Regierungschef Viktor Orbán für den amerikanischen Milliardär und Philanthropen George Soros empfindet, kommt aus tiefstem Herzen. Denn das Lebenswerk des gebürtigen Budapesters, die Open Society Foundation (OSF), propagiert eine Geistigkeit, die die Antithese zu Orbáns Politik- und Machtverständnis bildet. Sie hat sich der Förderung von Toleranz, Weltoffenheit, rationalem Diskurs, offener Kritik verschrieben. Nun soll es nach Orbáns Willen dem Kernstück der Soros-Institutionen in Europa, der Zentraleuropäischen Universität (Central European University), an den Kragen gehen.

Wie aus dem Nichts brachte Sozialminister Zoltán Balog am Dienstagabend eine Novelle des Hochschulunterrichtsgesetzes im Parlament ein. Diese formuliert formal-bürokratische Bedingungen für das Betreiben von Hochschuleinrichtungen, die die CEU nicht erfüllt. So etwa die neue Vorschrift, dass ausländisch gegründete Universitäten einen Träger haben müssen, der im Herkunftsland eine Hochschuleinrichtung desselben Profils betreibt. Dabei hatte Soros die CEU 1991 in Budapest gerade als Universität für den eben vom Kommunismus befreiten europäischen "Osten" gegründet. 14.000 junge Menschen aus aller Herren Länder haben seitdem die Postgraduierten-Lehrgänge der CEU absolviert.

Novelle zeigt "Ausweg" auf

Tausenden Studenten aus den Transformationsländern Mittel- und Südosteuropas und der ehemaligen Sowjetunion ermöglichten Stipendien das Studium in Budapest. Viele von ihnen beteiligten sich später in Spitzenpositionen am Aufbau der Demokratie in ihren Herkunftsländern. Internationale Rankings sehen die CEU als die beste Universität der Region. Parallel zur Einreichung der Balog-Novelle berichteten regierungsloyale Medien selektiv von einer "Prüfung" durch das Unterrichtsamt der Regierung, die bei insgesamt 28 auslandsfinanzierten Unis "schwerwiegende Regelverstöße" festgestellt haben will. Der CEU werden darin Dinge vorgeworfen, die nicht stimmen ("keine akkreditierten Lehrgänge") oder die eigentlich erst die Gesetzesnovelle verbieten wird.

Dass diese auf die CEU zugeschnitten ist, geht auch daraus hervor, dass die neuen Erfordernisse nur für Träger gelten, die nicht in der EU (plus Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein) ansässig sind. Die Andrássy-Universität, an der Österreich und die deutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg beteiligt sind, hat hingegen nichts zu befürchten. Der fürs Unterrichtswesen zuständige Staatssekretär im Sozialministerium, László Palkovics, bestritt am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Budapest, dass die Novelle auf eine Zwangsschließung der CEU abzielen würde. Auf mehrfache Nachfrage von Journalisten gab er aber dann doch zu: Die CEU ist die einzige auslandsfinanzierte Uni in Ungarn, die über keinen Campus im Mutterland verfügt.

Die Novelle zeige auch einen "Ausweg" auf, fügte er hinzu: Die Tätigkeit könnte durch einen zwischenstaatlichen Vertrag zwischen Ungarn und den USA geregelt werden. Damit könnte Orbán allerdings Managementrechte für seiner Regierung nahestehende Personen hineinschreiben lassen. Ansonsten bleibt der Soros-Uni die Zeit bis zum Februar 2018, um sich den neuen Auflagen anzupassen. Tut sie das nicht, darf sie im Studienjahr 2018/19 keine Lehrgänge mehr starten. (Gregor Mayer aus Budapest, 29.3.2017)