Sitges – Es ist wie bei den Hunden. Je kleiner, desto frecher. Was kann so ein Spitz, so ein Bonsai-Bernhardiner, doch kläffen! Beißen tun sie weniger, und da wird das Bild schon schief, denn der Picanto wirkt zwar frech und lustig, hat dazu aber auch noch richtig Biss.

Am markantesten wirkt der Marcanto – Pardon: der Picanto in der GT-Ausstattungslinie. 16-Zöller, rot geränderte Nüstern, ein dezentes ebensolches Stricherl unten an den Flanken, dazu hinten noch Diffusor-Optik sowie ein endrohr verchromter
Doppelauspuff. Wie er sich fährt? Flott und wendig.
Foto: Kia

Gehen wir einmal außen rum, bei der Präsentation in Katalonien zum Beispiel. Ist ja keine Weltreise, nach 3,60 Metern endet der Picanto auch schon wieder, daquer sind’s 1,60 m. "Innovatives, charakteristisches Design mit kraftvollen Karosserielinien" hatte Kia versprochen, ein Stadtauto, "das Lebensfreude ausstrahlt".

Designoberhoheit

Klar, die müssen so reden. Ungeachtet dessen wirkt der kleine Koreaner aus jedem Blickwinkel stimmig, stimmiger noch als der Vorgänger, der ja auch schon recht proper ausgesehen hat. Und da hatten wir angesichts von i20 und Tucson schon gedacht, die Designoberhoheit wäre von Kia zu Hyundai rübergewechselt – der Mann, der bei den Kias vor zwei Generationen höchst erfolgreich demonstriert hatte, dass Ware Schönheit auch aus Korea kommen kann, Peter Schreyer, ist ja inzwischen zum Gesamtkonzerndesignchef avanciert. Worauf wollten wir hinaus? Ach ja, Designhoheit. Keineswegs ist die gewechselt, das zeigte sich heuer schon beim Rio, jetzt beim Picanto. Von der Tigernase bis zu den sichelförmigen Heckleuchten stimmt jeder Strich, jede Falte, jeder Schwung.

Hinter der Heckklappe verbirgt sich ein Kofferraum mit 255 bis 1010 Liter Fassungsvermögen. Einen Dreitürer gibt es übrigens nicht mehr.
Foto: Kia

Schwungvoll steigen wir also ein. Und finden: mehr oder weniger die vom Vorgänger gewohnten Platzverhältnisse. Das klein bisserl Mehr an Raum (bewirkt durch 15 mm mehr Radstand) erschließt sich erst im direkten Sitzvergleich. Augenfälligste Neuheit im Interieur ist das auf der Zentralkonsole prangende (Sieben-Zoll-) Display mit Tatsch-Bedienung – gut ablesbar, weil hoch oben.

Innen setzt sich der frisch-fröhliche Eindruck von außen fort. Besonders auffällig wirkt das neue, mittig aufgesetzte Touchdisplay.
Foto: Kia

Ansonsten wirkt innen alles sorgsam aufgeräumt, als wäre Kia direkt von der Studentenbude in eine Designerwohnung übersiedelt. Bei den Materialien dominiert die Frucht des Hartplastikbaums, das ist fraglos klassenüblich, Kia bemüht sich aber selbst da noch um halbwegs liebevolle, charmante Gestaltung, um frische Farbakzente und einen gewissen Chic. Und sogar eine Mittelarmlehne haben wir entdeckt.

Politisch korrekt

Motoren? Basistriebwerk ist ein (bemühter) 1,0-Liter-Drei-Zylinder mit 67 PS, gefolgt von einem (frisch-fröhlichen) 1,2-Liter-Vier-Zylinder mit 84 PS und einem neuen 1,0-Liter-Turbo-Drei-Zylinder mit 100 PS – der ist aber erst ab Herbst erhältlich. Die Normwerte pendeln sich zwischen 4,2 und 5,4 l / 100 km ein, woraus sich auch im echten Leben politisch korrekte Verbrauchswerte ergeben sollten.

Foto: Kia

Fahreindruck? Na ja, eine echte Rennsemmel ist das natürlich nicht, nicht einmal in der sportiven GT-Ausstattung. Aber für den Stadteinsatz ist er bestens gerüstet, flink und wendig. Wie gesagt, ein sympathisch frecher Kleiner mit Biss. Der zeigt, dass heutzutage selbst zwergenhafte Mobile keine Mangelerscheinung mehr sind. (Andreas Stockinger, 5.4.2017)

Foto: Kia

Nachlese:

Opel Karl: Kanari- oder Kiwi-Prinzip

Suzuki Ignis: Ein hybrides Spitzerl

Renault Twingo & Peugeot 108: Très chic