Die Plattform gartenernte.at bringt Menschen mit und ohne Eigenanbau von Baum- und Feldfrüchten zusammen. Das Ziel ist, dass nichts verrottet oder weggeworfen wird.

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Wien – Wer Obstbäume im Garten hat, sollte in der Reifezeit ein paar wichtige Termine wahrnehmen: Kirschen, Zwetschken, Äpfel, Birnen wollen zeitgerecht gepflückt, verkocht, eingefroren, gegessen werden. Ewig schade, wenn die Ernte zum Fallobst wird! Für den großen gartenlosen Teil der Bevölkerung ist das wiederum ein Luxusproblem. Am Ende müssen vielleicht beide Gruppen mit Supermarktkost vorliebnehmen.

Niklas Hack und Kurt Ottner sind angetreten, um das zu verhindern. Ihre Plattform gartenernte.at bringt Menschen mit und ohne Eigenanbau von Baum- und Feldfrüchten zusammen. Nicht nur Obst, auch Marmeladen, Gemüse und Vogerlsalat, Liköre und Öle, Holz, Setzlinge und Samen werden gehandelt, getauscht und verschenkt. Jetzt, zu Saisonstart, werden die Angebote wieder zahlreicher.

"Wir haben in Österreich sehr viel, das nicht verwertet wird. Auf der anderen Seite transportieren wir viele Nahrungsmittel von weit her", beschreibt Niklas Hack ein Missverhältnis, das ihm ein Dorn im Auge ist. Er und sein Mitgründer Kurt Ottner haben Jobs im Software- und Wirtschaftsbereich, sind um die 40 Jahre alt – und ambitionierte Hobbygärtner im Schrebergarten auf der Schmelz bzw. im elterlichen Garten im 23. Bezirk in Wien.

Die jährliche Überproduktion von Kirschen, Zwetschken oder Marillen brachte die beiden aufs Tauschen, was wiederum zur Marktplatzidee führte. Sie sollte helfen, geschmacklosen und "gespritzten" Früchten aus dem Weg zu gehen.

Mit viel Zeitaufwand und der Hilfe eines Designers sowie eines Programmierers, haben Hack und Ottner die Plattform auf die Beine gestellt – als privates Non-Profit-Projekt. Weder für Käufer noch für Verkäufer entstehen Kosten. Der Sprung zum Unternehmensprojekt sei aber künftig nicht ausgeschlossen. Immerhin gebe es bereits einige Hundert registrierte Nutzer.

Gemeinsame Ernte

"Persönlich freue ich mich, wenn jemand kommt und das Gartenobst auch zu schätzen weiß", sagt Hack. Zuletzt bot er seine Kirschen gratis und zum Selbstpflücken an. Ein paar Besucher später war der Baum abgeerntet. Viele Kinder, sagt er, kennen die gemeinsame Ernte im Familienkreis gar nicht, die für ihn eine wichtige Erinnerung ist. Und viele Leute freuen sich, wenn sie Dinge bekommen, die sie nur von früher kennen: "Letztes Jahr hat es sogar Kriecherl auf dem Marktplatz gegeben." Ein Anbieter offeriert sogar Baumpatenschaften inklusive eigener Ernte. Zu kommerziell orientierte Anbieter sollen künftig aber reglementiert werden.

Der Marktplatz ist österreichweit, die meisten Angebote finden sich in und um Wien. Eine Ausweitung in den gesamten deutschsprachigen Raum ist angedacht. In wenigen Tagen geht eine GPS-basierte Umgebungssuche online. Da kann man dem Handy dann mitteilen: "Sag mir, wo die nächsten Kirschen sind!" (Alois Pumhösel, 3.4.2017)