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Aleksandar Vučić feiert seinen Sieg am Sonntag in Belgrad.

AP Photo/Darko Vojinovic

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Vučić war im Wahlkampf allgegenwärtig.

Foto: AP/Isakovic

Das sieht man nicht oft: Aleksandar Vučić strahlt, er lächelt. Der sonst stets verbissene, aggressive Politiker gibt sich gerührt. Er habe rund zwölf Prozent mehr Stimmen bekommen als alle anderen Kandidaten zusammen, sagt er und bedankt sich für diesen "makellosen" Sieg bei den Bürgern, die trotz ihrer schwierigen sozialen Lage seine bisherigen Reform- und Wirtschaftsleistungen erkannt hätten. Mit rund 55 Prozent der Stimmen hat Vučić bereits in der ersten Wahlrunde gewonnen, was bisher nur Slobodan Milošević vor mehr als einem Vierteljahrhundert gelungen ist.

Die Minister des Immer-noch-Ministerpräsidenten klatschen begeistert. Regierende Parteien hatten auf eigene Präsidentschaftskandidaten verzichtet und sich geschlossen hinter Serbiens starken Mann gestellt. Im Wahlkampf hatte man den Eindruck, dass der ganze Staat für den Sieg von Vučić eingespannt worden sei. Vučić spricht jedoch, von "schwierigen Bedingungen", unter denen er "allein gegen alle" Wahlkampf geführt habe.

Unter den oppositionellen Kandidaten herrscht entsprechend trübe Stimmung. Man hat zumindest mit der Stichwahl gerechnet, die sich in ein Volksbegehren für oder gegen die Herrschaft von Vučić verwandelt hätte. An zweiter Stelle landete der ehemalige liberale Ombudsmann für Menschenrechte, Saša Janković, mit nur 16 Prozent. An dritter Stelle Luka Maksimović alias Ljubiša Preletačević Beli, der aus den Präsidentenwahl eine Parodie machte und das politische System verspottete.

Apathie und Dominanz

Den Grund für ihre Niederlage sieht die Opposition vor allem in der niedrigen Wahlbeteiligung, die bei rund 54 Prozent lag. Oppositionelle Kandidaten haben es nicht geschafft, die Bürger Serbiens aus ihrer Apathie zu holen. Bei Vučićs überragender Dominanz in den Medien war das auch kaum möglich. Unter seiner Herrschaft gibt es weniger regimekritische Medien als unter Slobodan Milošević, Regimekritiker sprechen von Gleichschaltung. Außerdem konnte sich die Opposition, im Gegensatz zu den regierenden Parteien, auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen.

Die Frage aller Fragen ist allerdings, warum sich der Ministerpräsident überhaupt für das zeremonielle Amt des Staatspräsidenten beworben hat. Unmittelbar vom Volk gewählt, bestätigte nun der Machtpolitiker seine Autorität. Es ist zu erwarten, dass er Chef seiner dominanten Serbischen Fortschrittspartei (SNS) bleibt, dadurch nach wie vor alle Strippen zieht, einen folgsamen Ministerpräsidenten ernennt, der seine Autorität nicht infrage stellt, und so durch die Hintertür das Präsidialsystem in Serbien einführt. Der Staatspräsident wird auf fünf Jahre gewählt, in diesem Amt sieht sich Vučić nun sicher vor dem sozialen Unmut der Bevölkerung, der früher oder später zu Massenprotesten führen könnte.

Für die Opposition bedeutet Vučićs Sieg nichts anderes als den Ausbau eines Systems, das den weiteren Abbau von staatlichen Institutionen bedeute, den Abbau der Demokratie und der Zivilgesellschaft. Die nächste Chance, dem etwas entegegenzusetzen, wird die Opposition bei der wichtigen Kommunalwahl in Belgrad im kommenden Jahr haben.

Trotz seiner umstrittenen Innenpolitik gilt Vučić im Westen wegen seiner friedlichen Regionalpolitik, seiner Kooperation in der Flüchtlingspolitik und seiner Zustimmung zur EU-Integrationen Serbiens als Stabilitätsfaktor auf dem Westbalkan. Auch EU-Kommissar Johannes Hahn und Außenminister Sebastian Kurz gratulierten ihm zum Sieg. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 3.4.2017)