Bei alkoholfreien Speisenbegleitungen werden gerne Tees, Molken, Säfte oder Kräuterauszüge verwendet.

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"Die neue Trinkkultur", Nicole Klauß
Westend-Verlag, 270 Seiten, 26,80 Euro

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Man muss nicht zwingend trockener Alkoholiker oder streng religiös sein, um beim Abendessen im Restaurant auf die Weinbegleitung zu verzichten. Die mitleidigen Blicke der Tischnachbarn und das ratlose Gesicht des Sommeliers machen es einem aber nicht gerade einfach, selbstbewusst zu verkünden, dass man gerne etwas Antialkoholisches zu trinken hätte. Dabei ist es international längst en vogue, in Spitzenrestaurants alkoholfreie Speisenbegleitungen anzubieten.

Vor allem in Skandinavien kredenzt man gerne Antialkoholisches zum mehrgängigen Menü. "Es liegt wahrscheinlich daran, dass es in Skandinavien keinen wirklichen Weinbau gibt. Vielleicht ist man deshalb offener", sagt Nicole Klauß. Die deutsche Autorin beschäftigt sich seit einiger Zeit mit alkoholfreien Alternativen zur Weinbegleitung und stößt damit nicht immer auf Verständnis.

"Ich habe bei Weinschulungen immer wieder gefragt, was man trinken soll, wenn man keinen Wein will. Da haben einige Kollegen die Augen verdreht. Dabei ist es gar nicht so komplex, das richtige Getränk zur Speise zu servieren. Man muss sich lediglich ein bisschen damit beschäftigen. Viele Sommeliers und Gastronomen machen das ja auch mit großer Liebe beim Wein."

Tee und Saft

Es gibt aber auch hierzulande Ausnahmen, wie beispielsweise das Restaurant Mesnerhaus in Mauterndorf im Lungau. Maria und Josef Steffner bieten neben der klassischen Begleitung mit Wein auch eine mit alkoholfreien Getränken an. "Wir haben am Anfang vor allem Pairings mit Tee gemacht. Mittlerweile gibt es aber auch sehr gute Säfte. Viele Getränke stellen wir selbst her. Wir haben zum Beispiel ein Gericht mit Roter Rübe, Ziegenfrischkäse, Apfel und Kletzenbirne. Dazu servieren wir den Saft der Roten Rübe, den wir aufmixen und mit Kräutern und Öl verfeinern. Einen Tee mit Waldkräutern servieren wir unter anderem zum Almweideschwein", sagt Maria Steffner.

Und obwohl die Fülle an antialkoholischen Getränken in Österreich enorm ist, sind viele Gastronomen noch zurückhaltend und lassen dem Gast höchstens die Wahl zwischen still oder prickelnd. "Das liegt oft auch daran, dass man dafür einen Mitarbeiter bräuchte, der die Saftbegleitung zusammenstellt. Wenn man eine alkoholfreie Speisenbegleitung macht, muss man – wie beim Wein – genau wissen, welche Zutaten im dazu servierten Gericht enthalten sind. Ein Curry kann so oder so schmecken. Man muss schon wissen, ob es besonders scharf ist und welche Gewürze verwendet wurden", sagt Nicole Klauß.

Auch das Glas ist wichtig

Aber nicht nur das richtige Getränk, auch das passende Glas ist entscheidend. "In einem Weinglas kommen die Aromen eines Saftes besser heraus als in einem normalen Trinkglas. Den Rote-Rüben-Saft servieren wir zum Beispiel in einem Whiskey-Tumbler", sagt Steffner. Viele Getränke sind – im Gegensatz zu Wein – sehr sättigend. Das sollte man beachten, wenn man eine Saftbegleitung wählt.

Im Berliner Sternerestaurant Horváth kredenzt der Niederösterreicher Sebastian Frank seinen Gästen Molke mit Kren, Honig und Leindotteröl oder Birnensoda mit Paprikareduktion und Minze. Im Vorwort des Buches "Die neue Trinkkultur" erklärt der Spitzenkoch, wie mittels Heißfiltration Feststoffe vom flüssigen Teil des Saftes getrennt werden. Bei vielen Getränken arbeitet er mit Kaltauszügen von Kräutern oder speziellen Teesorten. Wer seinen Gästen zu Hause eine alkoholfreie Speisenbegleitung anbieten möchte, braucht aber weder Profi-Equipment noch Chemie-Labor. "Säfte und passende Zutaten findet man in jedem Supermarkt", sagt Klauß.

Lokale Vielfalt

Hierzulande gibt es immer mehr Hersteller von alkoholfreien Getränken, die durchaus als Speisenbegleiter taugen. Die Brüder Markus und Christian Weiss aus Gols produzieren seit kurzem Native Grape, ein Getränk aus fermentierten Trauben. "Wir kommen aus einer Winzerfamilie und lieben Wein. Aber manchmal hat man vielleicht Lust auf etwas anderes. Unser Traubensaft wird im ersten Schritt wie Wein mit Hefe vergoren. Danach findet eine zweite Fermentation statt, wo dem Traubensaft Bakterien zugesetzt werden. Der Alkohol wird mit Sauerstoff wieder abgebaut – ähnlich wie bei der Essigherstellung", sagt Markus Weiss.

Die Nachfrage nach den ersten 20.000 Flaschen in Rot und Weiß sei gut. Im nächsten Jahr hoffen die Brüder mehr zu produzieren. Mit der Auswahl an alkoholfreien Alternativen steigt vielleicht auch das Interesse der Gastronomen. (Alex Stranig, RONDO, 7.4.2017)

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