Einer Umfrage zufolge sind die Österreicherinnen und Österreicher mit Maklern sehr zufrieden und würden diese meist auch weiterempfehlen.

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Österreichs Immobilienmakler wappnen sich gegen das Bestellerprinzip, das seit kurzem wieder vermehrt diskutiert wird. Das Prinzip lautet: Wer den Makler beauftragt, bezahlt ihn auch.

In Deutschland gilt es, wie mehrfach berichtet, seit 2015, und die von der dortigen Maklerbranche gemachten Erfahrungen sind für die heimischen Spitzenvertreter alarmierend: Das Angebot an Mietwohnungen auf diversen Plattformen sei von deutschlandweit rund einer Million auf nur noch knapp 670.000 eingebrochen, berichtete Reinhold Lexer, stellvertretender Fachverbandsobmann der Immobilientreuhänder, auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. "In Deutschland vermitteln nun viele Vermieter selbst, was zu einem Umsatzeinbruch von rund 20 Prozent für die gesamte deutsche Maklerbranche geführt hat." Diese Umsätze würden nicht zuletzt auch den heimischen Onlineplattformen abgehen, so Lexer.

Höhere Mieten

Frei werdende Wohnungen würden in deutschen Ballungsräumen oft nur noch im Freundes- und Bekanntenkreis vermittelt, so Lexer weiter. Und zudem seien seit Einführung des Bestellerprinzips die Mieten in Deutschland stark angestiegen, weil die höheren Vermittlungskosten von den Vermietern eingepreist werden – schließlich müssen jetzt meist sie allein den Makler bezahlen.

Umgelegt auf Österreich hieße das, dass von derzeit rund 68.000 Mietwohnungsangeboten 20.000 von den Plattformen verschwinden würden, schätzte Fachverbandsobmann Georg Edlauer. "Davon wären vor allem jene Menschen betroffen, die günstige Wohnungen suchen, denn genau diese werden zuerst unter der Hand vergeben."

"Pleitewelle"

Edlauer sieht durch das Bestellerprinzip auch eine Pleitewelle auf die Branche zurollen: "Geschätzte 30 Prozent der Maklerbetriebe stehen vor dem Aus."

Was Edlauer, der selbst ein Immobilienunternehmen in St. Pölten mit 27 Mitarbeitern führt, am meisten wurmt: dass die Arbeiterkammer so strikt und "populistisch" für das Bestellerprinzip "agitiert", wie er sagte. "Meine eigenen Maklermitarbeiter sind fassungslos, dass so eine Forderung von einer Organisation erhoben wird, die sie eigentlich vertreten sollte." Die Arbeitnehmerorganisation AK trete also für eine Maßnahme ein, die tausende Jobs gefährde, so Edlauer.

"Vermarktung zahlt immer der Konsument"

Wiens Fachgruppenobmann Michael Pisecky wies einmal mehr darauf hin, dass "die Vermarktungskosten immer der Konsument trägt" – das sei vom Auto bis zum Packerl Milch überall so. Gerade bei den Maklern sei es aber so, dass diese Vermarktungskosten – in Form des Maklerhonorars – so transparent seien wie fast nirgendwo. "Warum will man diese Transparenz herausnehmen aus dem Markt?" Auch im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, also bei geförderten Wohnungen, könnten schließlich die Vermarktungskosten eingepreist werden – dort aber eben ohne extra ausgewiesen zu werden.

Im derzeitigen Doppelmaklersystem müssen die Makler beide Seiten vertreten und würden auch dafür haften. Gehe man zum deutschen Bestellerprinzip über, stünden Mietinteressenten ohne Fürsprecher da, weil der Makler in diesem System "eindeutig der Vertreter des Vermieters" sei, so Lexer, der auch vor der Gefahr eines "modernen Wohnungsschleppertums" warnte, das sich – wenn auch ungesetzlich – entwickeln könnte.

Deutschland: "Kein Platz mehr für Mieterprovision"

Dass den Wohnungssuchenden in Deutschland mit dem Bestellerprinzip "kein Gefallen getan wurde", sieht auch Christian Osthus, Rechtsexperte beim deutschen Branchenverband IVD, so. "Das Prinzip lautet zwar: 'Wer den Makler zuerst ins Boot holt, zahlt ihn.' In Wahrheit ist da aber kein Platz mehr für die Mieterprovision", sagt Osthus zum STANDARD.

Es gibt in Deutschland also "keine Makler mehr, die noch vom Wohnungssuchenden Provision verlangen" – und zwar deshalb, "weil sie sie einfach wieder wegschicken, wenn sie zu ihnen ins Büro kommen. Kein Makler legt sich mehr für einen Wohnungssuchenden ins Zeug."

Obergrenze spielt keine Rolle mehr

Die bisherige gesetzliche Obergrenze für die Mieterprovision von zwei Nettomonatsmieten in Deutschland spiele deshalb keine Rolle mehr. Auf Vermieterseite gibt es – anders als in Österreich – in Deutschland aber keine Obergrenze. "In manchen ländlichen Regionen zahlen die Vermieter drei oder vier Monatsmieten, in Ballungsräumen oft auch nur eine", sagt Osthus.

Generell habe der IVD durch das Bestellerprinzip "nicht allzu viele Mitglieder verloren, deutlich weniger als befürchtet". Es sei aber bei weitem nicht jeder deutsche Makler Mitglied beim IVD, es könnte also durchaus eine höhere Anzahl an vom Markt verschwundenen Maklern geben, von denen man beim IVD nichts weiß.

Anfangs waren "Glücksritter" im Spiel

Anfängliche Missbräuche, wie jüngst von Reiner Wild vom Berliner Mieterverein berichtet, habe es grundsätzlich nur in den Ballungsräumen gegeben, "wo Glücksritter im Spiel waren". Die Billiganbieter, die dann in den Markt gedrängt hätten, konnten sich laut Osthus nicht durchsetzen. "Es gibt sie zwar noch, aber die machen das hauptsächlich aus Marketinggründen."

Dass weniger Mitglieder als befürchtet aufgeben mussten, führt Osthus darauf zurück, dass der IVD seine Mitglieder frühzeitig auf das Bestellerprinzip vorbereitet hat. Zahlreiche Schulungen fanden statt, "also konkret etwa darüber, wie die Provision vom Vermieter geholt werden kann".

Das ist auch der Rat, den Osthus den österreichischen Kollegen gibt: "Sich fit machen, um die Innenprovision (Verkäufer- bzw. Vermieterprovision, Anm.) zu bekommen." Bisher sei es recht einfach gewesen für die Makler in Deutschland, "nun müssen sie ihre Leistungen richtig verkaufen. Das heißt, die Eigentümer müssen den Wert der Leistung des Maklers erkennen." Sonst würden zu viele Vermieter selbst den Vertrieb übernehmen, "und das wiederum sorgt dafür, dass die Vermittlung nicht so schnell läuft wie über einen Makler".

Im Osten zahlt der Vermieter seltener als im Westen

In Österreich müsse ein Makler für die Vermittlung einer einzigen Wohnung derzeit locker zwei ganze Arbeitstage aufwenden, also 16 Stunden, sagte Pisecky. Da reiche für die Kostendeckung oft die Mieterprovision nicht mehr aus, es bedürfe da auch einer Vermieterprovision.

In den Städten müsse tendenziell seltener zusätzlich auf eine Vermieterprovision zurückgegriffen werden, in Wien schätzungsweise nur bei einem Drittel bis der Hälfte der Fälle, in Vorarlberg dagegen wohl jedes Mal, so der Wiener Fachgruppenobmann: "Im freien Markt hab ich öfter eine Provisionsteilung als in einem geregelten Markt."

Umfrage: Hohe Zufriedenheit mit Maklern

Wie zufrieden die Österreicherinnen und Österreicher grundsätzlich mit den Maklern sind, ließ der Fachverband in einer Umfrage erheben. Das Unternehmen Marketagent.com führte dazu im März Onlineinterviews mit rund 1.800 Personen durch, von denen wiederum 500 übrig blieben, die in den letzten 24 Monaten mit einem Makler zu tun hatten oder dies innerhalb der nächsten zwölf Monate erwarten. Von diesen antworteten demnach 86,9 Prozent auf die Frage, sie waren "sehr" oder "eher" zufrieden mit der Dienstleistung des Maklers. 13,1 Prozent waren "eher weniger" oder "überhaupt nicht zufrieden".

Was Edlauer besonders freute: 44,3 Prozent der Mieter oder Käufer empfanden, dass der Makler die Interessen beider Seiten ausgewogen vertreten hatte, weitere 26,6 Prozent antworteten mit "überwiegend meine Interessen", 13,5 Prozent sagten "ausschließlich meine Interessen". Insgesamt hatten demnach also rund 84 Prozent den Eindruck, der Makler sei ausgewogen oder bevorzuge sogar einen selbst. "Der Vorwurf, dass Makler überwiegend Leistungen für die Abgeber erbringen, geht also an der Realität vollkommen vorbei und wird auch von den Konsumenten so nicht wahrgenommen", so Edlauer.

82 Prozent würden laut Umfrageergebnis den jeweiligen Makler weiterempfehlen. Die Befragung fand Online statt, von Marketagent.com wurden aus dem Pool von mehr als 100.000 dort registrierten Usern per Zufallsgenerator die Teilnehmer ausgewählt. (Martin Putschögl, 4.4.2017)