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Eine Mitarbeiterin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR überprüft die Iris einer afghanischen Flüchtlingsfrau in Peshawar. Das UNHCR hat sein Rückreiseprogramm für Flüchtlinge wieder gestartet.

Foto: REUTERS/Fayaz Aziz

Islamabad/Dubai – "Unser Schicksal kümmert niemanden", sagt Laiba Zeb bitter. Die 27-jährige Frau steht seit Stunden in einer langen Schlange vor einem Verwaltungsgebäude in der pakistanischen Provinzhauptstadt Peshawar. Laiba will versuchen, ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern, doch die Chancen dafür stehen schlecht. Ihr Mann und ihr ältester Sohn sind bereits nach Afghanistan zurückgeschickt worden. Dennoch will Laiba, die noch nie einen Fuß nach Afghanistan gesetzt hat, in Pakistan bleiben. "Warum werden wir gezwungen, das Land, in dem wir und unsere Kinder geboren wurden, zu verlassen?", fragt sie.

Laiba wurde in einem Flüchtlingslager in Pakistan geboren. Ihr Mann besaß ein kleines Elektronikgeschäft in Peshawar, die Familie führte ein geregeltes Leben. In Afghanistan, einem Land, das Laiba nicht kennt und dessen Sprachen sie kaum spricht, erwartet sie eine ungewisse Zukunft. "Das Leben für uns in Afghanistan wird schwierig sein", sagt sie.

Drei Millionen Menschen

Im vergangenen Sommer forderte Pakistans Regierung afghanische Flüchtlinge wie Laiba auf, in ihre Heimat zurückzukehren. Mehr als drei Millionen Afghanen leben in Pakistan – manche von ihnen seit dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan Ende 1979. Seit dem Sommer 2016 haben geschätzt 600.000 Afghanen Pakistan verlassen und sind in das vom Bürgerkrieg zerrüttete Nachbarland Afghanistan zurückgekehrt, das selbst mit einer internen Flüchtlingskrise kämpft.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte das Rückkehrprogramm als "aufgezwungen", obwohl die Rückkehr auf dem Papier freiwillig erfolgt. Doch für die Afghanen, die noch in Pakistan leben, wird der Alltag immer schwieriger. Zwar bestreitet Pakistans Regierung, dass die Flüchtlinge systematisch von den Behörden gegängelt, schikaniert und bedrängt werden, aber viele Menschen berichten davon, dass ihre Geschäfte geschlossen und ihre Siedlungen abgerissen werden.

Die Polizei verhaftet zudem regelmäßig Afghanen, die nicht über die nötigen Aufenthaltsgenehmigungen verfügen. Im November 2016 wurde die 47-jährige Afghanin Sharbat Gula wegen des Besitzes eines gefälschten Personalausweises nach Afghanistan abgeschoben. Als junges Mädchen war Sharbats Gesicht mit ihren seegrünen Augen durch ein Titelfoto im "National Geographic"-Magazin berühmt geworden. Auch nach Jahrzehnten hatte Sharbat, wie fast alle Afghanen in Pakistan, weder eine Aussicht auf eine Staatsbürgerschaft noch eine auf ein dauerhaftes Bleiberecht.

Weniger Geld

Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), das die Repatriierung in den Wintermonaten eingestellt hatte, begann Anfang April wieder mit den Rückführungen. Am Montag wurden die ersten 571 Menschen nach Afghanistan gebracht. Die Organisation hatte im Sommer 2016 damit begonnen, jedem Rückkehrwilligen 400 US-Dollar (rund 375 Euro) zu zahlen. Der für pakistanische und afghanische Verhältnisse hohe Betrag, der bei einer ganzen Familie rasch ein paar tausend Dollar ausmachen kann, war von Menschenrechtsorganisationen als Kopfprämie kritisiert worden, die für arme Afghanen einen enormen finanziellen Anreiz darstelle, ohne dass die Betroffenen eigentlich genau wüssten, was sie in Afghanistan erwarte.

Seit Montag zahlen die Vereinten Nationen nur noch 200 US-Dollar (rund 188 Euro) pro Person. Budgetkürzungen werden vom Sprecher des UNHCR in Pakistan als Grund angeführt. Doch das Geld soll zumindest für den Transport reichen. Pakistan will an seinem Plan festhalten, alle Afghanen zurückzuschicken. Für offiziell registrierte Flüchtlinge läuft die Frist noch bis Ende 2017. (Agnes Tandler, 5.4.2017)