Gut gebrüllt, Socke! Mit dem richtigen Fußkleid macht man auch untenrum eine gute Figur. Hier eine Socke von Gucci.

Foto: Gucci

Je schneller Trends kommen und sofort wieder verfliegen, desto lauter schreit die Mode nach Aufmerksamkeit. Ich bin besonders, schaut mich an! Seit einigen Jahren geistert ein Begriff durch die Medien, der diese Tendenz schön auf den Punkt bringt: Statement-Piece. Also Teile, die ins Auge stechen, Elemente in der Garderobe, die einen persönlichen Stil ausdrücken sollen, die definieren, wer man ist und wofür man steht.

Aufgekommen ist das Wort vor rund zehn Jahren, als Streetstyle das neue große Ding wurde, Bloggerinnen sich möglichst originell vor den Schauen präsentierten, um von den maßgeblichen Fotografen abgelichtet zu werden. Man arbeitete an der eigenen Marke, an einem "Signature Style", der sich möglichst von anderen abgrenzen sollte.

Statement-Socks

Mittlerweile ist der Begriff natürlich völlig kommerzialisiert und inflationär geworden. Modemagazine beten das Tantra von den sogenannten Statement-Pieces völlig unreflektiert herunter, während im Grunde alle die gleichen, gerade gehypten Markenprodukte tragen, die natürlich gar kein Statement mehr sind, außer, dass man zur Fashionelite gehört und sich etwas leisten kann. Es gibt mittlerweile Statement-Schmuck, Statement-Taschen, Statement-Sneakers, Statement-Ohrringe und Statement-Sonnenbrillen.

Der jüngste Hype in diesem Spiel sind Statement-Socks. Bunte Socken zu Dreiviertelhosen oder Anzügen sind ja schon länger salonfähig, aber jetzt geht es einen Schritt weiter: Am besten, auf der Socke ist ein Spruch oder zumindest das coole Logo des Labels groß abgedruckt. Das Motto lautet auch untenrum: Klotzen statt kleckern. Mit dem Athleisure-Trend wurde nicht nur die berühmte deutsche Badelatsche Adilette wieder in, sondern auch weiße Tennissocken zu Sandalen oder Schlapfen.

Was früher gerade bei Herren als Modesünde galt, feiert schon seit ein paar Jahren ein sexy Comeback. Trainingshosen, deren Enden in Tennissocken gestopft werden, wurde in Hipster-Metropolen wie Berlin allerdings so exzessiv ausgelebt, dass man sich fast schon wieder daran sattgesehen hat. Trotzdem boomen It-Socken weiterhin. Auch in Loafers, Ballerinas, Heels und Sneakers geht nichts ohne sie. Bei manchen Labels sind sie eine Art Einstiegsdroge: Wenn man sich schon sonst nichts leisten kann, ein paar Socken liegen im Budget.

Sexual Fantasies

Das sündteure französische Label Vetements produzierte welche, auf denen "Sexual Fantasies" stand (mittlerweile im Ausverkauf um rund 60 Euro erhältlich), in Kooperation mit Reebok gab es welche mit Metal-Schrift. Gosha Rubchinskiy verziert sie mit kyrillischen Buchstaben und frönt ebenso wie das russische Label Sputnik 1985 der Sowjetnostalgie, der Minimalist Rick Owen schlägt für Sommer 2017 "Walrus" als Aufschrift vor (115 Euro) und entführt so in die Tierwelt des hohen Nordens, Gucci druckt fett sein Logo oder Tigerköpfe drauf (rund 90 Euro), Off-White verkünden apokalyptisch "The End" (55 Euro).

Und das Berliner Kulturmagazin "032c" ließ welche anfertigen, auf denen ironisch stand: "Remove Before Sex" (mit 15 Euro die günstigsten). Von Gucci gibt es aber auch gerade Socken mit falschen Perlen und Swarovski-Steinen, für die man mehr als 400 Euro hinblättern muss.

"Statement-Socken sind eine Art Hoodie für die Füße", schreibt Mark Holgate ironisch in der "Vogue". Sie würden einem High-Fashion-Outfit einen zeitgemäßen Streetstyle-Twist verpassen. Aber auch Kollegin Liana Satenstein macht sich lustig über den Trend. Diese neuen, originellen Socken seien der hässliche Weihnachtspulli an den Füßen. Natürlich ist das ungerecht. In Städten wie Wien kann man es nämlich auch ganz profan sehen: Wenigstens sind der Nagelpilz und die unschöne Hornhaut hip verpackt. Der Trend zu Plastikschlapfen tut den Fußsohlen nämlich nicht sonderlich gut. (Karin Cerny, RONDO Exklusiv, 22.4.2017)