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Die Sicherheitskräfte setzten auch Tränengas ein.

Foto: REUTERS/Carlos Garcia Rawlins

Caracas – Auch nach der Rücknahme der Entmachtung des Parlaments kommt Venezuela nicht zur Ruhe: Bei einer Demonstration der Opposition in der Hauptstadt Caracas gab es am Dienstag Zusammenstöße mit der Polizei. Dabei seien neun Protestteilnehmer verletzt worden, sagte ein Behördenvertreter. Oppositionelle Abgeordnete kündigten indes die Absetzung jener Höchstrichter an, die das Parlament entmachtet hatten.

Rund tausend Regierungsgegner versuchten am Dienstag zur Nationalversammlung zu gelangen, als die Lage eskalierte. Polizisten hinderten die Demonstranten mit Tränengas daran, ihren Marsch in Richtung einer Kundgebung von tausenden Unterstützern der sozialistischen Regierung fortzusetzen. Die regierungskritischen Demonstranten warfen mit Steinen.

Neun Verletzte

Es habe neun Verletzte gegeben, sagte Bezirksbürgermeister Ramon Muchacho. Einer von ihnen habe eine Schusswunde am Bein erlitten, schwebe aber nicht in Lebensgefahr. Mehrere Abgeordnete, die zum Parlament gelangen wollten, klagten über Beeinträchtigungen durch das Tränengas. Ihnen gelang schließlich einzeln der Zugang zum Gebäude.

"So zeigen sie ihre Missachtung von Menschen, die als Abgeordnete vereidigt wurden", kommentierte der Präsident der Nationalversammlung, Julio Borges, das Vorgehen der Polizei im Kurzmitteilungsdienst Twitter. "Wir werden weiter auf die Straßen gehen, um die Demokratie und das Wahlrecht zu verteidigen", kündigte er vor Journalisten an.

Lilian Tintori, die Frau des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo Lopez, sagte vor Journalisten: "Sie setzten Tränengasbomben gegen uns ein. Es war wie Krieg." Venezuela sei "im Griff einer Diktatur, aber wir werden es befreien". Das Regime sei "verzweifelt". Via Twitter erklärten Tintori und der Oppositionsabgeordnete Jose Olivares, der Protestzug sei von regierungsnahen bewaffneten Gruppen angegriffen worden.

Politische Krise

Staatschef Nicolas Maduro warf der Opposition seinerseits vor, Gewalt zu säen. "Heute haben sie versucht, Venezuelas Straßen mit Gewalt und Blut zu füllen", sagte Maduro im südlichen Bundesstaat Apure. "Ich kann jetzt sagen (...), dass der Frieden in Caracas und Venezuela triumphiert hat." Maduro macht für die Probleme einen "ökonomischen Krieg" des Auslands verantwortlich. Die Gewaltrate gerade in Caracas lässt immer mehr Menschen flüchten. Auch tausende Anhänger der Regierung gingen auf die Straße, riefen: "Nein zur Einmischung des Auslands."

Venezuela steckt seit Monaten in einer tiefen politischen Krise, die sich vergangene Woche durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs verschärft hatte. Das Gericht entzog dem von der Mitte-rechts-Opposition dominierten Parlament die Kompetenzen und übertrug sie auf sich selbst. Nach scharfer internationaler Kritik nahm der Oberste Gerichtshof auf Drängen von Präsident Maduro seine Entscheidung am Samstag zwar zurück. Die Opposition sieht den Konflikt damit aber nicht ausgeräumt. Der "Staatsstreich" gehe weiter, kritisierte Borges.

Für Mittwoch kündigte die Opposition Schritte zur Absetzung der Obersten Richter an. Gerichtspräsident Maikel Moreno räumte diesem Versuch keine Erfolgschancen ein. Dazu fehle es dem Parlament an "Legalität und Legitimität", erklärte er.

Gegen die Kritik der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) am Vorgehen von Venezuelas Obersten Gerichtshof gingen am Dienstag tausende Anhänger der Regierung in Caracas auf die Straße. "Wir unterstützen Maduro gegen diese Angriffe, die einen Staatsstreich bewirken sollen", sagte der Demonstrant Angelo Olivo. Die OAS hatte Venezuelas Staatsführung am Montag in einer Dringlichkeitssitzung eine "schwere Störung" der demokratischen Ordnung des Landes vorgeworfen. (APA, 5.4.2017)