Eine rosa Lederjacke samt Einhorn, ein Mantel aus Osttirol, eine Frauenhose vom Flohmarkt in Thailand oder eine alte Kapitänsmütze. Wir fragten vier Zeitgenossen nach Kleidungsstücken, in denen sie sich besonders wohlfühlen

Irmgard Griss: "Würde mich gern mehr trauen"

Mode hat mich schon immer fasziniert, und ich verfolge mit Interesse, was in dieser Welt so geschieht. Ich bin bei modischen Entwicklungen allerdings oft ein bisschen hin- und hergerissen. Einerseits gefallen mir extravagante Entwürfe gut, andererseits fehlt mir oft der Mut dazu. Letztlich wähle ich meistens die klassische Linie und versuche, diese ein wenig aufzulockern.

Eine Grenze zu ziehen ist gar nicht so einfach. Ich war zum Beispiel gerade in der Grazer Innenstadt und habe mir einen grünen Faltenrock zeigen lassen. Ein schönes, wadenlanges Stück, das etwas vom Körper wegsteht. Ich dachte mir, der Rock ließe sich gut mit so manchem kombinieren. Drübergetraut hab ich mich dann aber doch nicht. Er war mir irgendwie zu auffallend. Eigenartigerweise gefallen mir solche Dinge an anderen Frauen aber sehr gut. Ja, ich würde mich schon gern ein bisschen mehr trauen.

Ich bin eine treue Kundin und gehe gern immer wieder in die gleichen Geschäfte. Zum Beispiel zu Michel Mayer in der Singerstraße. Das Kleid auf dem Foto stammt von ihr, die Schuhe sind von Hogan und der Mantel von Mühlmann aus Osttirol. Auf Mühlmann bin ich durch einen Artikel in der Zeit aufmerksam geworden, in dem er vorgestellt wurde. Ich war auch schon in Außervillgraten, wo er seine Stücke herstellt.

Ich will ja nicht moralisch sein und den Zeigefinger heben, aber mit dieser Modeerscheinung der zerrissenen Jeans kann ich nichts anfangen. Künstlich auf arm zu machen, was soll denn das? Das grenzt ja schon an eine Verspottung. Auf der anderen Seite begrüße ich es sehr, dass man heute einfach alles tragen kann und sich nicht mehr einem Modediktat unterwerfen muss."

Irmgard Griss ist Juristin und ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs. Bei der österreichischen Bundespräsidentenwahl 2016 trat sie als unabhängige Kandidatin an.

Foto: Irina Gavrich

Yung Hurn: "Ich mag's, wenn Leute komisch schauen"

Mode ist für mich ein sehr wichtiges Ausdrucksmittel. Was meinen Stil betrifft, hab ich es gern, wenn es ein bisschen anders ist. Es geht mir dabei nicht darum, die Leute zu verarschen, aber ich möchte schon gern testen, was alles geht. Ich mag es, wenn mich die Menschen komisch anschauen. Wie ich das anstelle? Zum Beispiel mit einer lustigen Tasche aus dem Film "Monster AG", die eigentlich nur Kinder tragen. Die kombiniere ich zu Schwarz. Mir gefällt das. Ich find's cool. Mein Gewand besorg ich mir aus dem Internet, aus Secondhandgeschäften oder von Humana. Was ich auch gern habe, sind schlechte Fake-Dinge.

Auf dem Foto trage ich einen Sweater der Wiener Designerin Astrid Deigner, die eine gute Freundin von mir ist. Ich hab ihn mir in genau diesen Farben gewünscht, damit er zu meiner Louis-Vuitton-Tasche passt, die ich mir gekauft habe. Nein, das ist nicht die am Foto, das ist ein Fake samt Hello Kitty drauf. Die liebe ich. Die Hose hab ich mir auf einem Flohmarkt in Bangkok gekauft. Eigentlich ist es eine Frauenhose.

Man kann sagen, ich kauf mir den größten Schmarren zusammen, aber irgendwie schaut's dann doch gut aus. Find ich. Es ist schwer zu sagen, was ich nicht anziehen würde. Wenn man auf den Trash-Modus schaltet, kann man irgendwie doch alles miteinander kombinieren. Warum nicht auch ein Poloshirt? Obwohl: Solche Zehensocken kommen nicht infrage. Bermudas brauch ich auch keine im Kasten.

Ich kleide mich auf der Bühne eigentlich nicht anders als im Alltag. Aber manchmal binde ich mir einen Pullover oder einen Schal um den Kopf. Weil ich schüchtern bin."

Yung Hurn ist ein österreichischer Rap-Musiker. Vor kurzem kam seine EP "Love Hotel" heraus. Hurn ist weiters Teil des Berliner Künstlerkollektivs Live from Earth.

Rapper Yung Hurn in einem Sweater von Astrid Deigner und einer Hose vom Flohmarkt in Bangkok.

Foto: Irina Gavrich

Nina Hartmann: "Shoppen funktioniert nie nach Plan"

Die rosarote Lederjacke auf dem Foto ist eines meiner Lieblingsstücke mit einer ganz besonderen Geschichte. Auf der Rückseite der Jacke ist ein Einhorn zu sehen. Ich habe das Stück an einer Verkäuferin in einem Geschäft gesehen, und sie ist mir sofort ins Auge gestochen. Darauf angesprochen hat mir die Frau erzählt, dass sie von der Marke Tigha ist. Im Internet konnte ich sie nicht aufstöbern und hab sie dann einfach vergessen. Kurze Zeit später bin ich zum ersten Mal operiert worden und war sehr aufgeregt. Nachdem alles vorbei war, begab ich mich noch einmal auf die Suche nach der Jacke und hab sie schließlich gefunden. Mit ihr hab ich mich belohnt, sie ist sozusagen meine Tapferkeitsjacke. Es gibt immer einen Grund, sich etwas zu gönnen.

Mit mir und der Mode ist das so eine Sache. Shoppen ist nicht wirklich meins, weil ich nie das finde, was ich eigentlich suche. Brauche ich einen Wintermantel, komme ich mit Sneakers heim – und umgekehrt. Will eine Freundin, dass ich sie beim Einkaufen begleite, findet sie nichts, ich aber schon. Shoppen funktioniert bei mir also nie nach Plan. Am liebsten gehe ich in Geschäfte wie G-Star, Turek oder Bernhart im ersten Bezirk. Ich mag es aber auch, etwas im Urlaub zu kaufen. Das hält dann nicht nur als Gewand her, sondern auch als schöne Erinnerung.

Vom Stil her bin ich eher sportlich-leger unterwegs. Modezeitschriften oder Trends sind mir egal. Ich unterwerfe mich so etwas nicht. Ich trage zum Beispiel immer noch Hüfthosen, dabei sind die doch out, oder? Oder sind sie schon wieder in? Soll mir auch recht sein. Ich mag keine Hosen, die bis zum Bauchnabel reichen. Mir liegt der Stilbruch am Herzen, der Mix. Das heißt, ich kombiniere ein süßes Kleid mit Biker-Boots oder etwas Schickes mit Sneakers. Die zu den Schuhen passende Tasche wird man bei mir nicht finden. Ebenso Ballerinas. An anderen Frauen find ich Ballerinas okay, an mir selbst find ich sie komisch. Würde ich mir nie kaufen. Auch keine Birkenstock."

Nina Hartmann ist Kabarettistin und derzeit mit ihrem Programm "Schön, dass es mich gibt" sowie mit der Dating-App-Komödie "Match me if you can" unterwegs.

Nina Hartmann mit ihrer Lieblingslederjacke von Tigha (auf dem Rücken prangt ein Einhorn) sowie schwarzem Beinkleid und ebensolchen Boots.

Foto: Irina Gavrich

Michael Ostrowski: "Mir ist der Bruch wichtig"

"Ich hatte über viele Jahre ein Alter Ego namens Schallbert Gilet. Das heißt, ich hab es immer noch, man weiß nur nicht, wo sich der gerade herumtreibt. Als Schallbert habe ich viele Veranstaltungen moderiert, zum Beispiel die Nestroy-Gala oder die Festwochen-Eröffnung. Und der Kerl hat immer diese Kapitänsmütze getragen, die auf dem Foto zu sehen ist. Sie stammt aus dem Fundus eines Theaters in Graz. Ich hab sie nie zurückgegeben. Den Ledermantel, er ist ein Stück aus den 60er-Jahren, hat mir ein Studien kollege vor ca. 20 Jahren geschenkt. Er meinte: ,Du kannst das tragen.' Ich habe Ewigkeiten nichts von ihm gehört, bis er sich vor kurzem meldete und fragte, ob es den Mantel noch gäbe. Ohne Schmäh.

Egal, ich rede lieber von Outfits als von Mode. Ich nähere mich einer Figur immer über das Äußere. Wie zieht sie sich an? Ein Outfit ist entscheidend für einen Charakter, weil es ihn sofort an der Oberfläche klar und erkennbar macht: Ein Kapperl, ein Netzleiberl, eine Jacke machen einen zu dem, der man ist. Eine Figur ist mit ihrem Kostüm unzertrennlich verbunden, oder um mit Schallbert Gilet zu sprechen: ,Schauspielen ist wie in einen Pullover zu schlüpfen. Man geht bei einem Loch hinein und kommt bei dreien heraus.'

Ich bin gern bequem angezogen. Ich bin nicht der Schriftstellertyp, der im Zweireiher Gartenarbeit erledigt. Ich glaube, der Martin Suter ist so einer. Wobei ich das schon cool finde. Ich bin halt eher der Lässige, was nicht heißt, dass es mir egal ist, wie ich mich anziehe.

Man will mir immer irgendwelche Designeranzüge andrehen, aber ich schaff das nicht, die einfach so zu tragen. Ich muss das einfach mit etwas Trashigem brechen. Ich war zum Beispiel auf der Romy-Gala und trug ein Damen-T-Shirt aus dem Ein-Euro-Shop. Das ist ein notwendiges persönliches Statement im Auge des Gala-Taifuns. Sonst bin das nicht ich."

Michael Ostrowski ist Schauspieler, Drehbuchautor und Moderator. Sein Regiedebüt war der Film "Hotel Rock'n'Roll". Derzeit ist er u. a. in "Bibi & Tina" im Kino zu sehen.

Michael Ostrowski mit einer Kapitänsmütze aus dem Theaterfundus und einem Ledermantel, den ihm ein Kollege vor langer Zeit geschenkt hat.

(Michael Hausenblas, RONDO Exklusiv, 8.4.2017)

Foto: Irina Gavrich