Sophie Karmasin und Reinhold Mitterlehner sind sich bei der konkreten Vorgangsweise bei der Familienbeihilfe nicht einig.

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Wien – Der ÖVP-Kurs beim Thema Familienbeihilfe sorgt weiter für Verwirrung. Wie berichtet hat Parteichef Reinhold Mitterlehner am Dienstag nach dem Ministerrat klargestellt: "Zunächst werden wir uns auf europäischer Ebene für die Indexierung der Familienbeihilfe einsetzen", erst danach ist für ihn ein nationales Gesetz denkbar, mit dem die Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder an die jeweiligen Lebenshaltungskosten des Landes angepasst werden soll.

Er widersprach damit Familienministerin Sophie Karmasin und Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP), die zuletzt immer wieder auf einen raschen nationalen Beschluss gedrängt haben. Ein entsprechender Entwurf wurde bereits im Februar vorgelegt, über den man seither mit der SPÖ verhandeln will.

"Gehen unseren Weg weiter"

Am Mittwoch widersprach man nun im Karmasin-Büro wieder den Mitterlehner-Ausführungen. Man wolle nicht auf die Abklärung mit der EU-Kommission warten und plädiere für einen baldigen Beschluss in Österreich, hieß es auf Anfrage des STANDARD. "Wir gehen unseren Weg weiter", betont eine Sprecherin. Zur vom Parteichef gewünschten zeitlichen Abfolge heißt es unmissverständlich: "Wir sehen das nicht so."

Verwiesen wird im Karmasin-Büro einmal mehr auf das Gutachten des Arbeitsrechtlers Wolfgang Mazal, laut dem die Indexierung der Familienbeihilfe im Alleingang möglich wäre. Die EU-Kommission, aber auch andere Experten in Österreich sind freilich der Meinung, dass diese Vorgangsweise nicht zulässig wäre und gegen EU-Recht verstoßen würde.

EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen hatte Österreich bereits im Vorjahr ausgerichtet, sie wolle das "Fairness-Prinzip nicht für ein paar Peanuts opfern". Zum Hintergrund: Brüssel hat massive Zweifel, dass sich Österreich, wie von Karmasin erhofft, 100 Millionen Euro ersparen würde.

Keine Klage riskieren

Mitterlehner hatte am Dienstag betont, man werde nicht allein auf Basis eines "einzelnen Gutachtens" Beschlüsse fassen. "Die Einstellung, wir riskieren und lassen uns klagen, ist nicht meine, ist nicht unsere. Freerider im Rechtssystem zu sein halte ich für problematisch", so der Wirtschaftsminister.

Im Büro von Außenminister Kurz hat man hingegen kein Problem mit der Mitterlehner-Linie, die so auch im neuen Regierungsprogramm steht. Es spreche nichts dagegen, es nochmals auf europäischer Ebene zu versuchen, meint ein Kurz-Sprecher. An der Indexierung, ob national oder europäisch, werde man aber nicht vorbeikommen. (Günther Oswald, 5.4.2017)