Valletta – Verwirrung herrschte Samstag vor dem EU-Finanzministerrat über die Geschwindigkeit des Vorgehens im Kampf gegen Steuervermeidung. Ein maltesisches Papier, wonach hier gebremst werden sollte, wurde vom Finanzminister des Ratsvorsitzlandes, Edvard Scicluna, als "großes Missverständnis" bezeichnet.

Scicluna betonte, es dürfe keine Steuervermeidung geben. Es sei aber auch wichtig, den Unternehmen Klarheit zu geben. Befragt, ob Malta nicht seine eigenen Interessen wegen niedriger Steuern verfolge, winkte Scicluna ab. "Überhaupt nicht. Wir sind gegen Steuervermeidung. Aber es gibt auch andere Länder, die Schlupflöcher haben. Es liegt an uns, sie zu schließen." Jedenfalls glaube er keinesfalls daran, dass der Vorschlag über eine gemeinsame Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage fallengelassen werden könnte.

Der belgische Finanzminister Johan Van Overtveldt dagegen sieht das Papier Maltas als "Weg in die richtige Richtung". Man sollte "achtgeben, dass wir nicht zu schnell" gegen Steuervermeidung vorgehen. Dabei gelte es, auf andere wirtschaftlich wichtige Regionen wie Nordamerika Rücksicht zu nehmen, um mehr oder weniger die gleiche Geschwindigkeit und den gleichen Weg einzuschlagen.

"Hoffe nicht"

Der niederländische Finanzminister und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem will von einer Verwässerung nichts wissen. Ob es ein Bremsen beim Vorgehen gegen Steuervermeidung gebe? – Dijsselbloem: "Ich hoffe nicht."

Der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna ist ebenfalls dagegen, hier einen Gang zurückzuschalten. "Nein, wir alle brauchen jetzt in Steuerfragen eine schnelle Umsetzung aller Länder. Wir in Europa sind ja da sehr schnell vorangegangen. Wir brauchen auch Sicherheit und keine Wettbewerbsnachteile. Was wir vermeiden sollten, ist, retroaktiv neue Regeln einzuführen."

In einem Freitagabend zirkulierten Papier des maltesischen Ratsvorsitzes heißt es, dass beim Kampf gegen Tricks von Unternehmen zur Steuervermeidung ein Gang heruntergeschaltet werden sollte. Die EU sollte das Tempo drosseln, um Unsicherheiten für Firmen zu vermeiden. Diese Unsicherheiten könnten zu einem Rückgang von internationalen Investitionen und Handelsaktivitäten führen. Die Minister sollten über eine Verlangsamung nachdenken, da eine bestimmte Zeit nötig sei, um entsprechende Gesetze zu formulieren, anzupassen und anzuwenden.

Finanztransaktionssteuer am Weg

Zuversichtlich hat sich Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) nach dem informellen EU-Rat mit seinen Ressortkollegen in Malta über ein Zustandekommen der Finanztransaktionssteuer gezeigt. Im Mai sollte es einen Abschluss für eine verstärkte Zusammenarbeit in diesem Bereich geben.

Angesprochen darauf, ob es nicht eher nach einem Tod auf Raten aussehe, widersprach Schelling: "Es schaut nicht danach aus." Weiterhin offen sei die Frage, welche Option in Besteuerungsfragen vor allem bei kapitalgedeckten Pensionsfonds gezogen werde. Hier hatten zuletzt Belgien und die Slowakei Vorbehalte.

"Bis Mai wird es zu einer Entscheidung kommen, ob sie unsere Alternativen akzeptieren oder nicht", sagte Schelling. "Von der Slowakei gibt es positive Signale, Belgien hat seine Regierungssitzung dazu erst nach Ostern." Bei Slowenien, das ebenfalls Vorbehalte geäußert hatte, schaue es aber auch gut aus. Slowenien wollte eine umfassendere Regelung als den zuletzt vorliegenden Kompromiss, doch "gibt es auch hier positive Signale".

Schelling geht davon aus, dass im Mai die abschließende Sitzung stattfinden und das Mandat an die EU-Kommission erteilt werden könne. Dann werde ein Rechtstext entwickelt. "Wir können im Mai die Aufgabe, die wir als Vorsitz übernommen haben, abschließen." Natürlich werde es nach dem Rechtstext noch Diskussion über den Inkrafttretungstermin und andere Dinge geben. So gebe es in einigen Ländern Wahlen und möglicherweise danach keine entscheidungsfähige Regierung.

Aber "wenn die Blaupause steht, wie wir vorgehen wollen, gibt es wenig Argumente, einen Rechtstext der Kommission nicht zu akzeptieren, wenn zuvor alle Inhalte akzeptiert wurden". Jedenfalls gebe es in Grundsatzfragen "kein Auseinanderdriften". Schelling: "Wir haben viele Vorschläge gemacht, auch Österreich geht Kompromisse ein. Jetzt ist der Zeitpunkt um sagen zu können, dass es zumindest inhaltlich ein positives Ende hat."

(APA, 8.4.2017)