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Die Kirche in Tanta nach dem Anschlag.

Foto: AP Photo/Nariman El-Mofty

Kairo/Tanta/Alexandria – Nach den Anschlägen auf zwei koptische Kirchen mit dutzenden Toten hat der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi den Ausnahmezustand verhängt. Dieser gelte für drei Monate, sagte der Präsident am Sonntagabend in seinem Amtssitz in der Hauptstadt Kairo. Zuvor hatte sich die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) zu den Anschlägen in Tanta und Alexandria bekannt.

Attentäter hatten am Palmsonntag zwei koptische Kirchen in Ägypten angegriffen und mindestens 41 Menschen getötet, 120 weitere wurden verletzt. Vor der Kathedrale in Alexandria sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft, nachdem Kopten-Papst Tawadros II. dort die Messe gelesen hatte.

16 Menschen wurden getötet, Tawadros blieb unverletzt. Wenige Stunden zuvor hatte eine Bombe in einer Kirche in Tanta mindestens 25 Menschen getötet.

Attentäter am Eingang gestoppt

Es handelte sich um die blutigsten Anschläge auf die Minderheit der koptischen Christen in Ägypten seit langem. Noch Schlimmeres konnte möglicherweise verhindert werden, weil Sicherheitskräfte nach Angaben des Innenministeriums den Selbstmordattentäter von Alexandria am Betreten der St.-Markus-Kathedrale hinderten. Der Mann habe sich dann in die Luft gesprengt. Papst Tawadros II. hatte die Kirche zu dem Zeitpunkt schon verlassen, wie ein Kirchensprecher sagte.

Der erste Anschlag am Palmsonntag hatte die Mar-Girgis-Kirche in der Stadt Tanta getroffen. "Ich habe einen Knall gehört und bin gerannt", berichtete Anrainer Nabil Nader. "Ich habe Leute gesehen, die es zerrissen hat – von manchen blieb nur noch die Hälfte des Körpers." In der Kirche hatten die Gläubigen gerade Palmsonntag gefeiert und sich damit auf das Osterfest in einer Woche vorbereitet.

IS-Bekenntnis

"Die Explosion ereignete sich in den vorderen Reihen, in der Nähe des Altars während der Messe", sagte Vize-Innenminister Tarek Atija der Nachrichtenagentur AFP über den Anschlag in Tanta. Nach Einschätzung des Gouverneurs von Gharbija, Ahmed Deif, könnte es sich auch hier um einen Selbstmordanschlag gehandelt haben.

Der IS reklamierte die beiden Anschläge für sich. "Kommandos des 'Islamischen Staats' haben die Angriffe auf die beiden Kirchen in Tanta und Alexandria ausgeführt", erklärte die Agentur Amaq, das Propagandasprachrohr des IS. Die Terrormiliz drohte mit weiterer Gewalt.

Papstbesuch

Die Anschläge ereigneten sich kurz vor dem Ägypten-Besuch von Papst Franziskus, der für den 28. und 29. April geplant ist. Dabei will der Papst auch seine Solidarität mit den Kopten zum Ausdruck bringen. Papst Franziskus betete in Rom für die Opfer und die Täter: "Möge Gott die Herzen derjenigen bekehren, die Terror, Gewalt und Tod säen, und auch die Herzen derjenigen, die Waffen herstellen und damit handeln."

Die Kopten sind die größte christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten und machen etwa zehn Prozent der 90 Millionen Einwohner Ägyptens aus. Die Minderheit sieht sich immer wieder gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

Im Dezember vergangenen Jahres hatte sich ein Selbstmordattentäter während einer Sonntagsmesse in der koptischen Kirche St. Peter und Paul in Kairo in die Luft gesprengt. 29 Menschen wurden damals getötet. Im Februar hatte der IS in einem Video zu Gewalt gegen Ägyptens Kopten aufgerufen.

Die Europäische Union hat Ägypten indessen Solidarität im Kampf gegen den Terror zugesichert. "Die Verantwortlichen für die Angriffe müssen zur Rechenschaft gezogen werden", erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Sonntag in Brüssel.

ÖVP-Obmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner verurteilte den Anschlag am Sonntag via Twitter. Er sei in Gedanken bei den Opfern und Familien. Der Terror müsse bekämpft und die Christenverfolgung verhindert werden, schrieb Mitterlehner.

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Attentate ebenfalls. Während die Gläubigen "friedlich am Palmsonntag Gottesdienst feierten, wurden sie feige ermordet". Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte: "Das Kalkül der Täter, einen Keil in das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zu treiben, darf nicht aufgehen."

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert brachte das Mitgefühl der Bundesregierung für die Opfer zum Ausdruck. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich erst im vergangenen Monat in der St.-Markus-Kathedrale in Kairo, neben der im Dezember vom Anschlag getroffenen Kirche, mit Papst Tawadros II. getroffen. (APA, 9.4.2017)