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Mit Pfeifen und Karikaturen demonstrierten am Samstag wieder mehrere Tausend gegen Serbiens Premier Aleksandar Vučić.

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Am Montag vor einer Woche waren plötzlich Tausende auf den Straßen serbischer Städte. Die vorwiegend jungen Menschen organisierten sich über Instagram, Facebook und Twitter: Jeden Tag um 18 Uhr begann der Protestmarsch. Regierungsnahe Medien ignorierten sie oder bezeichneten sie als " eine Handvoll" vom "Ausland bezahlte Söldner", "Junkies" oder als "verführte Jugend". Der Ton war: Die Opposition, unterstützt von finsteren Machtzentren, wolle sich mit dem haushohen Sieg von Aleksandar Vučić bei den Präsidentschaftswahlen am 2. April nicht abfinden und das "mazedonische Szenario" herbeirufen – eine quasi legitim gewählte Regierung mit Massenprotesten zum Rücktritt zwingen.

Es wurden aber täglich mehr Menschen auf der Straße. Am Samstag schlossen sich mehrere Tausend dem Protest der Gewerkschaften von Polizei und Armee vor dem Regierungsgebäude an. Selbst die sonst regierungsfreundliche Tageszeitung "Kurir" wollte das nicht mehr ignorieren, brach die Medienblockade und titelte: "Größte Proteste in der jüngeren Geschichte". Die Organisatoren sprachen von 80.000, die Machthaber von 2.000 Menschen.

Die Studenten und Schüler trugen Parolen wie "Haltet uns nicht länger für blöd", "Vučić du Dieb", "Gegen den Terror der Machthaber". Sie demonstrierten gegen die Eliten, den Parteistaat, gegen Politiker mit gefälschten Universitätsdiplomen, vor allem aber gegen die "Diktatur" von Vučić und seinen Populismus.

Für Vučić unangenehm

Sie forderten auch unabhängige staatliche Institutionen und Medienfreiheit und einen geregelten Staat. Vučić habe seinen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen Repression und Gleichschaltung der Medien zu verdanken, skandierten sie.

Die Demonstranten lehnen es dezidiert ab, mit irgendeiner politischen Partei in Zusammenhang gebracht zu werden. Für den gewählten Staatspräsidenten Vučić, derzeit noch Premier, stellen die Proteste keine unmittelbare Gefahr dar. Aber sie sind unangenehm. Gerade sah er die Opposition auf dem Boden liegen, da entsteht plötzlich eine neue Bewegung, mit der er nicht umzugehen weiß. Unangenehm für ihn ist auch, dass westliche Medien wieder Anlass haben, über seine zentralisierte Art der Regierungsführung zu berichten und "Freunde" wie Österreichs Kanzler Christian Kern, Außenminister Sebastian Kurz oder Deutschlands Regierungschefin Angela Merkel womöglich zu Kritik bewegen. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 9.4.2017)