Doppelsmiley im Burgenland fürs Burgenland. Im Herbst gibt es Kommunalwahlen, und da tut Hans Niessl jetzt schon, was er am liebsten tut: wahlkämpfen.

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Viele werden sich noch mit einiger Herzenswärme erinnern an das Wirken des Frauenministers Herbert Haupt. Und von diesen vielen wird vielleicht einigen diese in mancherlei Hinsicht so prägende politische Person durch den Kopf gegangen sein angesichts der aktuellen Vorgänge im Burgenland und um das Burgenland herum.

Erstmals darf deshalb in diesem pannonischen Polit-Blog – der sich ja stets bemüht hat, dem durchaus nötigen Ernst die durchaus unnötige Biernote zu verweigern – mit den Grünen begonnen werden. Denn es waren ja zwei Burgenländer, die zuletzt diese schöngeistige Partei – an die sich viele mit einiger Herzenswärme erinnern werden – ziemlich aufgemischt, um nicht zu sagen zerfleddert haben.

Was, wie, warum, wie viele und was zum Teufel? Das alles ist – wir reden übers Burgenland – nicht ganz leicht zu verstehen.

Alter weißer Mann

Michel Reimon, Jahrgang 1971, 2014 vom Eisenstädter ins europäische Parlament gewechselt, gilt europaweit als eine Art Herbert Haupt des Internets. Er neigt dazu, etwas gerade dann "in aller Klarheit" hinzuschreiben, wenn er es – das ist dann die grüne Note – "in aller Transparenz" zum Ausdruck bringt.

Solcherart hat er der Chefin der Parteijugend, Flora Petrik, Jahrgang 1994, via Facebook ausgerichtet, sie wäre – wenn wir das da jetzt richtig verstanden haben – ein alter weißer Mann, der in einer Grazer Zelle einen Haufen Karrieristinnen und Karrieristen um sich versammelt hat, die sich allesamt verschworen haben, hinter einer Sebastian-Kurz-Larve der Partei zu schaden und zu Eva Glawischnig unsolidarisch, ungrün, insgesamt garstig zu sein.

Petrik aber erwiderte, beinahe humorlos, sie sei eigentlich gar kein alter weißer Mann mit ihren erst 23 Jahren. Und schon war der Knatsch perfekt. Das aber hatte dann immerhin den Vorteil, dass nun auch die Grünen endlich eine Fake-News verbreitende Lügenpresse namhaft machen können: "Bullshitbingo im STANDARD", facebookt Vorarlbergs Landessprecher Johannes Rauch, "selten mehr Blödsinn in einem einzigen Beitrag gelesen. 'Frei erfunden‘ ist noch geschmeichelt. Und natürlich hat mit mir keine/r auch nur ein Wort gesprochen. Recherche? Fehlanzeige."

Armer alter Kater

Regina Petrik, die Mutter des alten weißen Mannes Flora, ist – das ist recherchiert mit Check, Recheck, Doublecheck, und, wenn es denn nötig gewesen wäre, sogar mit der ORF-Burgenland-Zusatzvariante: Bodycheck – die Nachfolgerin des Michel Reimon als burgenländische Parteichefin und Parlamentarierin. Und tat, was viele weisen Frauen im Gegensatz zu vielen weißen Männern tun: Sie schwieg. In machen offen Ohren sehr vielsagend: "Si tacuisses, philosophus mansisses." Auf Latein also: "Nicht jeder, der den Mund aufreißt, ist auch ein Philosoph." Sondern häufig einfach bloß ein alter weißer Mann.

Und mit solchen hat Regina Petrik daheim – um jetzt von den lichten Höhen der Bundespolitik in die pannonischen Tieflande zu kommen – eh genug zu tun. Als Landessprecherin, Eisenstädter Gemeinderätin und als Landtagsabgeordnete kreuzen so viele alten weißen Männer ihren Weg, dass sie den Michel Reimon dann wohl eh lieber für einen armen alten Kater halten möchte.

Garfield, Fritz, Tom

Von solchen aber gibt es auch verschiedene Typen. Garfieldartige zum Beispiel oder fritzoide oder solche wie Tom. (Aber etwa auch diesen rauen Thomas O'Malley mit seinen Aristocats.)

Norbert Darabos zum Beispiel erinnert manches Mal sehr an den armen Tom. Und da erhebt sich für den interessierten Beobachter (selbst wenn dieser ein alter weißer Mann ist) die Frage, wer diesem Tom den Jerry macht oder die riesenhafte Hausfrau, von der meistens nur die Waden zu sehen sind und der Besen, mit dem sie Tom wahlweise haut oder wegkehrt.

Was Wunders, dass dem Tom dann – wenn man das in dieser Klarheit sagen darf – beim Reden manchmal ein X im selben Moment wie jenes U auskommt, für welches das X hätte vorgemacht werden sollen.

Rechenbeispiele

Die Kürzung der Mindestsicherung geriet ihm zum Beispiel so unlängst zum arithmetischen Dradiwaberl. Drei Millionen Euro könne man sich durchs pannonische Kürzen einsparen. Pro Jahr. Das freilich korrigierte man dann per Aussendung auf 30.000, ließ aber das "pro Jahr" – ob Absicht, ob Versehen, ob Freud'scher, das sei dahingestellt – im Text, sodass das Landesratbüro noch einmal korrigieren musste. 360.000, also 30.000 im Monat. (Und wir nehmen an, das kommt nun irgendwie hin.)

Natürlich kann so was jedem einmal passieren. Aber es geht halt grad da schon um die Mindestsicherung! Die kann man, wie Vorarlbergs Landesrat Johannes Rauch wohl bestätigen wird, durchaus als X oder als U erläutern. Penibel sollte man dabei halt sein. Denn was sagt solch eine Daumen-mal-Pi-Rechenoperation aus über die Sorgfalt eines g'standenen Sozialdemokraten beim Ausrechnen einer sozialen Kernerrungenschaft?

Entfaltungspotenzial

Was die aktuell sich gerade entfaltende Affäre um die polizeibekannte Entlassung des Chefs und des Chefjuristen von Burgenlands größtem Arbeitgeber – die Spitalsholding Krages beschäftigt immerhin 2.600 Menschen – aussagt, ist noch nicht abzusehen. Denn Darabos schweigt mit dem Hinweis auf ein "vereinbartes Stillhalteabkommen", von welchem der entlassene Geschäftsführer sagt, ein solches gebe es gar nicht.

Warum auch? Er wurde ja hochkant hinausgeworfen. Und das unter sowieso noch abzuklärenden Umständen. Der "Kurier" erzählt zum Beispiel, dass am Tag nach der spektakulären Entlassungsaktion gar der Verfassungsschutz das Krages-Büro besuchte (und ja, Herr Rauch, das ist recherchiert, die Kollegen vom "Kurier" logieren nämlich quasi Tür an Tür mit dieser Krages).

Tom & Jerry

Landeshauptmann Hans Niessl – es gibt Leute, die erzählen einem unter der Hand, er sei dem Tom seine Mammy Two Shoes und Jerry zugleich – hat mittlerweile sowieso alle Hände voll zu tun, sein Team beieinanderzuhalten. Niessl, dem 2015 das Kunststück gelang, einen Drei-Mandate-Verlust zu einer rotblau-roten Alleinregierung zu verwandeln, wird wohl manche seiner Regierungskollegen noch kürzer an die Leine nehmen müssen, um sich auch weiterhin seiner weit aufwendigeren Funktion als Grande widmen zu können.

Helmut Bieler, der Straßenbau-, Finanz- und Kulturlandesrat zum Beispiel ist seit Jahren in einem kostspieligen, aufreibenden Infight mit dem Esterházy-Chef Stefan Ottrubay verwickelt. Die lange gerichtsanhängige Enteignung zugunsten der Umfahrung der Ortschaft Schützen am Gebirge wurde vergangene Woche wenigstens per Vergleich ad acta gelegt. Wie viel die Einigung das Land kostet? Man rechnet noch.

Und Niessls Stellvertreter Johann Tschürtz, blauer Sicherheitslandesrat, geht regelmäßig mit Sicherheitsideen an die Öffentlichkeit, die man im besten Fall unausgegoren nennen kann, weil man sich die Vorstellung, dahinter stecke ein mit dem Regierungspartner akkordiertes Kalkül, aus Gründen der allgemeinen Zuversicht verbietet.

Weiße Frauen

Gut, dass da der alte weiße Mann in seinem 17. Regierungsjahr seine weißen Frauen hat, die allmählich zum erfreulichen Gesicht dieser Landesregierung werden. Die rote Verena Dunst, eine G'standene, die seit 2000 dem Hans Niessl zur Regierungsseite steht, ackert nun auch im einst tiefschwarzen Landwirtschaftressort schweren Boden, steht dabei (Verzeihung, wie könnte man das sonst sagen?) sehens- und hörenswert ihren Mann und stellt dabei auch ihr Licht keineswegs unter den Scheffel.

Und neben ihr wächst Astrid Eisenkopf, Jahrgang 1984, in aller Ruhe mit erstaunlicher Souveränität und politischem Geschick vom Talent zur nicht nur burgenländischen Nachwuchshoffnung. (Achtung, Michel Reimon, Kurz-Verdacht!)

Dass so was nicht unbeneidet bleibt und sich zuweilen auch in tiefen Untergriffigkeiten entäußert, ist halt leider so. Vor ein paar Monaten redete sich Österreichs jüngste Landesrätin, die durch die Krebserkrankung ihres Mannes gerade erlebt, wie sehr die Politkarriere und das Leben nicht deckungsleich sind, die Sache im burgenländischen "Kurier" von der Seele.

Ironie

Angesichts solcher Fiesheit verlöre vielleicht sogar Herbert Haupt kurz seine bemerkenswerte Selbstironie, die der Rhetoriker trotz seiner Sätze, der Unglücksrabe trotz seiner Pechsträhnen immer wieder bewiesen hat.

Und das, obwohl der einstige Frauenminister wahrscheinlich – so wie Flora Petrik – ein alter weißer Mann sein dürfte. (Wolfgang Weisgram, 10.4.2017)