Kiew – Nach persönlichen Anfeindungen hat die Notenbankchefin der Ukraine das Handtuch geworfen. Die seit 2014 amtierende oberste Währungshüterin Waleria Gontarewa sagte am Montag, dass sie ihr Rücktrittsschreiben bei Präsident Petro Poroschenko eingereicht habe. Ein Kurswechsel sei damit aber nicht verbunden: "Es wird keine Änderungen in der Linie der Zentralbank geben", sagte sie.

Gontarewa gilt als Reformerin, die im heimischen Bankensektor keinen Stein auf dem anderen ließ. Unter anderem verstaatlichte sie im Dezember mit der PrivatBank das größte Geldhaus des Landes. Im Umfeld Gontarewas hieß es, dass sie sich damit Feinde machte und ihre Gegner eine Rachekampagne anzettelten.

Jüngst belagerte eine Menschenmenge ihr Domizil und nannte sie einen "Handlager Russlands", das wegen des Konflikts in der Ost-Ukraine und der Annexion der Halbinsel Krim mit der Regierung in Kiew überkreuz liegt. Die Hasskampagne gipfelte darin, dass die Notenbankchefin einen Sarg vor ihrer Haustür vorfand. Gontarewa fegte in ihrer Amtszeit mit eisernem Besen durch den Bankensektor: Jedes zweite Geldhaus musste schließen. Viele Institute dienten nach offizieller Lesart Kiews in dem von Korruption heimgesuchten Land als Vehikel für Geldwäsche.

Gontarewas Vorgehen fand beim Internationalen Währungsfonds (IWF) Anklang, der das finanzschwache Land mit Milliardenhilfen über Wasser hält. Doch in der Bevölkerung hat sie einen schweren Stand: Einer Umfrage der Stiftung Democratic Initiatives Foundation zufolge misstrauen ihr vier Fünftel der Bevölkerung. Womöglich musste sie sogar um ihr eigenes Leben fürchten. Der vor ihrer Tür abgelegte Sarg gilt zumindest als zynische Warnung: Der frühere Vize-Gouverneur der russischen Zentralbank, Andrej Koslow, war 2006 auf offener Straße erschossen worden. Auch er hatte in seinem Land Dutzende Banken geschlossen, die im Ruf der Korruption standen. (APA/Reuters, 10.4.2017)