Links von der Pallas Athene, der Göttin der Weisheit, befindet sich vor dem Parlament die allegorische Darstellung der Legislative. Dass Abgeordnete im Hohen Haus selbst Gesetzestexte einbringen, ist aber eher die Ausnahme denn die Regel.

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Wien – Die SPÖ lässt sich von Christoph Leitl nicht locken. Der Wirtschaftskammer-Präsident hatte am Wochenende im Interview mit dem STANDARD in den Raum gestellt, dass Abgeordnete der Sozialpartner im Parlament Initiativanträge zur Schulreform oder zum Abschaffen von Mehrfachbestrafungen im Verwaltungsbereich einbringen könnten, wenn die Regierung bis zum Sommer nichts weiterbringe.

Beim Schulthema – Leitl nannte als Beispiel die differenzierte gemeinsamen Schule bis 14 – wären die Vorschläge der Sozialpartner durchaus auf Linie mit der SPÖ. Dass man gemeinsam mit Wirtschaftskammer-nahen Abgeordneten Beschlüsse fassen könnte, ohne dass der Parlamentsklub der ÖVP voll dahinterstehe, sei aber trotzdem auszuschließen, heißt es im Büro von Klubchef Andreas Schieder auf Anfrage.

Geschlossen auftreten

Sinn und Zweck der Klubdemokratie sei es, Dinge intern zu diskutieren und dann geschlossen nach außen hin zu vertreten. Das erwarte man auch von der ÖVP. Für die SPÖ wäre es aber "natürlich erfreulich", wenn es beim Thema gemeinsame Schule Bewegung in der ÖVP gebe.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hatte am Wochenende schon gemeint, Leitl wolle wohl nur von den stockenden Verhandlungen in der Mindestlohnfrage ablenken. Ähnlich wie bei der Arbeitszeitflexibilisierung fordert die Regierung eine Einigung von Wirtschaft und ÖGB bis Ende Juni, ansonsten drohen gesetzliche Maßnahmen.

Schon vieles eingeflossen

In der ÖVP zeigte man sich am Montag um Beruhigung bemüht. Viele Vorschläge der Sozialpartner seien in die aktuelle Bildungsreform ohnehin bereits eingeflossen, sagt Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner. Ohne Absprache mit dem Klub werde es daher keine Initiativanträge geben, kündigt er an und widerspricht damit Leitl.

Haubner will auch nicht von Sozialpartner-Abgeordneten sprechen. Laut der Plattform "Meine Abgeordneten" sitzen derzeit jedenfalls sieben Mandatare im VP-Klub, die Wirtschaftskammer-Funktionen innehaben, weitere zwei (Maria Fekter, Brigitte Jank), waren früher für die Kammer tätig.

Koalitionsende

Um einen Gesetzesvorschlag per Initiativantrag einbringen zu können, müssen sich mindestens fünf Abgeordnete finden. In der Praxis kommt es aber de facto nicht vor, dass die Regierungsparteien gegeneinander vorgehen. Laut dem Koalitionspakt wäre eine solche Vorgangsweise sogar ein Grund für vorzeitige Wahlen.

Wörtlich heißt es: "Die in diesem Vertrag vereinbarte Zusammenarbeit zwischen der SPÖ und der ÖVP gilt als beendet, wenn gegen den Willen einer Koalitionspartei im Plenum oder in den Ausschüssen des Nationalrats mit Stimmen von Abgeordneten der anderen Koalitionspartei ein Beschluss gefasst wird." (Günther Oswald, 10.4.2017)