Adam Fischer dirigierte Mozart – wunderbar sprechend.

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Wien – Mit dem vermehrten Aufkommen und der Beliebtheit der Originalklangensembles, die gern mit einer postkutschenhaften Wildheit und Ruppigkeit durch die Territorien der musikalischen Barockzeit und der Klassik brettern, zogen sich die großen traditionellen Konzertorchester, vollklimatisierten, stoßgedämpften Reisebussen gleich, mehr und mehr in die Gefilde der Romantik und der Spätromantik zurück.

Adam Fischer hat schon alle Symphonien von Haydn (mit der Österreichisch-Ungarischen Haydn-Philharmonie) und Mozart (mit dem Danish National Chamber Orchestra) aufgenommen. Zu Beginn des Jahres verlieh der ungarische Dirigent im Gespräch mit dem STANDARD seiner Sorge Ausdruck, dass bei den Symphonieorchestern die Interpretationstradition in Sachen Mozart und Haydn abzureißen drohe.

Informiert musizieren

Im Programmheft zum Konzert erläutert Fischer, dass die orchestereigene historische Aufführungspraxis der Wiener Philharmoniker sowohl Sinn ergebe als auch oft nah dran sei an den vermeintlichen Entdeckungen historisch informiert musizierender Ensembles. Um der Philharmonischen Mozartscheu entgegenzuwirken, dirigierte der 67-Jährige bei den Abonnementkonzerten ein Programm mit der "Prager" Symphonie KV 504 als Hauptwerk nach der Pause.

Eröffnet wurde im Musikverein mit der Ouvertüre zu Schuberts Oper Fierrabras, und die Interpretation dieses Stücks war denn auch eine reine Freude: Die bei den Streichern eher klein besetzten Philharmoniker (10/8/6/4/3) musizierten pointiert, energisch und frisch, die Blechbläser zudem oft so zart und elastisch wie ihre Kollegen vom Holz. Unfassbar kurzer Applaus dafür. Dann spielte Ziyu He Béla Bartóks zweites Violinkonzert. Der 1999 geborene, in Salzburg lebende und bei Paul Roczek studierende Chinese hat als Vertreter Österreichs 2014 den Eurovision Young Musicians Wettbewerb gewonnen und war im letzten Jahr erster Preisträger beim Londoner Yehudi Menuhin Wettbewerb.

Technisch souverän

Das 1939 in Amsterdam uraufgeführte Spätwerk ist ein heterogenes Ding: Da wechselt spätromantische Klangsinnlichkeit mit energischer Rhythmik, impressionistische Sphärenmusik mit drastischen Ballungen. He interpretierte das Werk in technisch souveräner Weise, jedoch auch mit beschränkter solistischer Strahlkraft: Wie müde man doch werden kann, an einem helllichten Samstagnachmittag. Bei seinen zwei Zugaben demonstrierte He vorrangig Virtuosität.

Und die Prager Symphonie? Da gab es ein wunderbar sprechend präsentiertes Seitenthema im Kopfsatz, da gab es viel sonnig-warmen, wattebauschweichen Wohlklang und kürzere kalte Moll-Regenschauer, die über dem akkurat gepflegten Ziergartenreich des Positivisten Wolfgang Amadeus Mozart niedergingen. Dafür dann doch große Begeisterung. (sten, 10.4.2017)