Spricht das mehrsprachige Kind nur noch Deutsch, sollten Eltern den Sprachwechsel im Alltag nie unter Druck einmahnen.

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Oft erzählen mir Eltern, dass ihr Kind ab einem gewissen Alter anfängt, nur noch Deutsch zu sprechen – auch wenn der Vater oder die Mutter in einer anderen Sprache mit dem Kind kommuniziert. Fast immer folgt dann die Frage, wie man das Kind motivieren könnte, neben dem zunehmend dominant werdenden Deutsch auch die nichtdeutsche Muttersprache weiterhin zu verwenden.

Wieso kommt es zu diesem Verhalten, und was steckt dahinter? Manche Eltern befürchten sogar, etwas falsch gemacht zu haben. Die gute Nachricht: Nein, Eltern haben nichts falsch gemacht. Es ist vielmehr eine natürliche Entwicklung, die oft bei zweisprachig aufwachsenden Kindern zu beobachten ist.

Schnell und effizient

Die dominante Umgebungssprache wird dort angewendet, wo das Kind spürt, es wird verstanden und kommt kommunikativ schneller und effizienter an sein Ziel. Das hat auch nichts mit Faulheit zu tun, die manchmal Bilingualen unterstellt wird. Im Gegenteil! Vielmehr geht es um Pragmatik, den Transport von Inhalten in der zwischenmenschlichen Kommunikation und die Gewissheit, dass die Bedeutung des Gesagten verstanden wird.

Kinder haben das Bedürfnis, sich mitzuteilen. Sie kommen vom Kindergarten oder von der Schule nach Hause und erzählen voller Euphorie, was sie erlebt haben. Dabei wählen sie die Sprache, in der all das passiert ist und von der sie wissen, Mama und Papa verstehen ja auch Deutsch, sogar sehr gut.

Praktische Tipps

In solchen Situationen ist es ratsam, folgende Tipps zu beachten: Bleiben Sie bei Ihrer Erstsprache, die Sie auch sonst für das Gespräch mit Ihrem Kind verwenden. Unterbrechen Sie und ermahnen Sie Ihr Kind nicht, es solle die Sprache wechseln. Das stört nur den Kommunikationsfluss und kann demotivierend wirken. Ihr sprachliches Verhalten signalisiert, dass Sie bei Ihrer Sprache bleiben. Vielleicht braucht Ihr Kind einfach etwas Zeit, um in die familiäre sprachliche Welt zu wechseln. Vielleicht können Sie helfen, indem Sie besonders relevante Worte und Ausdrücke aus dem Gespräch mit Ihrem Kind in Ihrer Sprache wiederholen und es so zum Sprachwechsel einladen. Jedenfalls sollte all das nicht unter Druck geschehen.

Attraktivität steigern

Vielmehr geht es darum, die schwächere Sprache Ihres Kindes attraktiv zu halten. Die Attraktivität einer Sprache nimmt in dem Maße zu, in dem das Kind erlebt, dass es diese in vielerlei Kontexten verwenden und es sich damit selbst Erfolgserlebnisse verschaffen kann. Sprechen nur Mutter oder Vater die Sprache mit dem Kind und sonst niemand im näheren Umfeld, so können Sie versuchen, eine Spielgruppe und/oder befreundete Familien, die die gleiche Sprache sprechen, regelmäßig zu treffen und zu besuchen. So erlebt Ihr Kind, es gibt neben den Eltern auch andere Menschen, die sich in der nichtdeutschen Muttersprache verständigen können. Wenn Kinder dabei sind, steigert dies die Attraktivität der Sprache, denn schließlich sind gleichaltrige Kommunikationspartner am spannendsten für ein Kind.

Angebote machen

Manche Communities organisieren Kurse für bilinguale Kinder, in denen Sprache und Kultur spielerisch vermittelt werden. Die kulturelle Komponente macht eine Sprache spannend für ein Kind. Bei Besuchen von Kulturveranstaltungen und Festen macht es schöne und vielseitige Erfahrungen, die es dank seiner zweiten, nichtdeutschen Sprache als stimulierende Bereicherung erlebt. Auch so können Kinder sich austauschen – und oft entstehen dabei Freundschaften.

Notwendigkeit schaffen

Ein Kind ist dann motiviert, eine Sprache zu verwenden und seine Kompetenz darin weiter auszubauen, wenn es dies als notwendig und nützlich erfährt. Denken Sie also einmal in Ruhe darüber nach, wo es in Ihrer Familie oder in Ihrem familiären Umfeld Kommunikationssituationen gibt, die Ihrem Kind die Nützlichkeit praktizierter Zweisprachigkeit vor Augen führen. Solche Erfahrungen werden es motivieren, an seiner Bilingualität festzuhalten und sie weiter auszubauen. (Zwetelina Ortega, 12.4.2017)