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Eine Anzeigetafel in der Deutschen Börse in Frankfurt.

Foto: AP/Martin Oeser/dapd

Vaduz – Sichere Tipps für Aktien haben schon viele gesucht. Doch kann man sich dabei auf Experten verlassen? Und wenn ja, wem sollte man eher glauben, wenn widersprüchliche Empfehlungen abgegeben werden? Lars Kaiser, vom Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, Banken und Finanzwesen an der Universität Liechtenstein, hat nun eine Forschungsarbeit zur Prognosefähigkeit von Finanzexperten vorgelegt.

Um die Frage zu beantworten, wer bei kurz- bis mittelfristigen Prognosen von Einschätzungen über den Stand eines Aktienkurses richtiger liege, haben er und sein Team die "Livingstone Survey" genauer untersucht. Bei dieser von dem Börsenkolumnisten Joseph Livingstone 1953 ins Leben gerufenen Umfrage werden im Auftrag der Federal Reserve Bank of Philadelphia Halb- und Ganzjahresprognosen über Zinsen, Bruttonationalprodukt und den Stand von Börsenindizes bei Topexperten eingeholt: Investmentbankern, Analysten großer Geschäftsbanken, Mitarbeitern von staatlichen Institutionen und Notenbank-Mitarbeitern.

Diese handverlesene Schar an "Prognosegurus" hat, so zeigten die Analysen, insgesamt eine gute Performance in der Vorhersage des Aktienindex Standard & Poor's, der der die Aktienperformance der 500 größten amerikanischen Unternehmen abbildet.

Kaiser hat die Ergebnisse der "Livingstone Survey", sie wird seit dem Tod von Livingstone im Jahre 1990 von der Federal Reserve Bank of Philadelphia weitergeführt, nun zerlegt und mit statistischen Methoden untersucht, ob eher die Investmentbanker oder Mitarbeiter der Notenbanken oder Experten öffentlicher Institution mit ihren Prognosen richtiger lagen. Dafür stellte er alle Prognosen von 1953 bis 2016 den tatsächlichen Aktienkursen gegenüber.

Die Ergebnisse sind erstaunlich. Kaiser konnte sowohl den Investmentbankern als auch den Notenbank-Angestellten systematische Fehler nachweisen. "Investmentbanker sind in der Regel bei ihren Einschätzungen zu optimistisch, Notenbankangestellte und Ministeriumsbeamte zu pessimistisch", sagt Kaiser.

Prognosen für die Krise

Besonders in Zeiten von Rezessionen zeigte sich, dass Investmentbanker kontrafaktisch noch immer auf steigende Aktienkurse setzten, obwohl Aktien weiterhin an Wert verloren. Notenbankexperten lagen in diesem Zeitraum durch ihren Pessimismus besser. Deutlich zeigte sich dies von 2000 bis 2002, als die "dot.com"-Blase platzte, oder auch in der Wirtschaftskrise von 2008. Hier lagen die Skeptiker mit ihrem systematischen Pessimismus richtiger als die optimistischen Investmentbanker, die, so Kaiser, auch Interesse haben, mit Aktieninvestitionen ihrer Kunden zu verdienen. Was heißt das nun für Privatanleger?

Zum einen: "In Zeiten fallender Aktienkurse ist eher den Experten der Notenbanken und staatlichen Wirtschaftsexperten zu glauben." Diese prognostizieren in Abschwungphasen den Aktienkurs exakter. Kommt die Wirtschaft allerdings wieder in Fahrt, so seien die Notenbanker aber zu skeptisch. "In wirtschaftlichen Aufschwungphasen haben Investment- und Geschäftsbanker bei der Prognose die Nase vorn. In Aufschwungphasen würde man Investmentmöglichkeiten verpassen, wenn man nur den skeptischen Notenbankern folgt."

Für die jetzige Situation, in der sich die Wirtschaft in einer Aufschwungphase befinde, so Kaiser, sei für Privatanleger angebracht, den Investmentbankern Glauben zu schenken. Man sollte aber auch die Skeptiker der Notenbank im Auge behalten: "Sie erkennen eher, wann sich die Wirtschaftslage wieder drehen könnte." (Norbert Regitnig-Tillian, 16.4.2017)