An dieser Stelle ging es schon des öfteren um luftige Themen. Freigelegte Schultern, kahl rasierte Köpfe, Risse in der Jeans, alles schon einmal da gewesen. Seither hat sich die Lage zugespitzt. Man könnte von einer handfesten Denim-Krise sprechen. Die Risse haben sich vermehrt. Kaum eine Hose ist noch ohne luftige Löcher in Kniehöhe zu haben. Und so blitzen denn auch je nach Wetterlage Strumpfhosen oder blasse Beine durch das Denim. Drumherum baumeln meist lose Baumwollfäden umher.

Im aktuellen Lookbook von Asos: Jede Menge Löcher
Foto: Asos

Was früher als Fetzen durchging und als Makel galt, gehört heute zum kleinen Einmaleins der jugendlichen Garderobe. Punk? Sind heute alle irgendwie. Wer es sich leisten kann, geht in Fetzen. Das ist so neu nicht.

Schon Madonna trug ihre Hosen in ihrer Sean Penn-Phase (die Ehe dauerte von 1985 bis 1989 an) ähnlich: Schön locker, mit zwei großen Gucklöchern um die Knie herum. Madonna Louise Ciccone war damals schon nicht mehr nur die erfolgshungrige Tochter eines Automechanikers, sie war bereits weltbekannt, ihre zerfetzte Hose ein Zeichen größtmöglichen Understatements.

Setzt auch auf luftige Knie: Tiger of Sweden
Foto: Tiger of Sweden

Heute lässt sich mit einer zerrissenen Hose kaum mehr Aufsehen erregen. Im Gegenteil, es ist nahezu unmöglich, eine Jeans zu kaufen, die keinerlei Gebrauchsspuren aufweist. Selbst in den Warenhäusern von Peek & Cloppenburg, dem Hort propperer Aufgeräumtheit, sehen Hosen heute so aus, als hätten sie zahlreiche Straßenkämpfe überlebt – ihr Mitteilungsbedürnis ist enorm.

Mit ihnen streift man sich ein Stück Authentizität über. Motto: Schau, was ich schon erlebt habe! Positiver Nebeneffekt: Die Trägerin sieht in der Regel jünger aus als die vom Leben gezeichnete Hose. Das ist natürlich eine ziemliche Augenauswischerei. Kaum eine Jeans wurde nicht maschinell malträtiert.

Zur Abwechslung täte ein wenig Entspannung gut. Zum Beispiel mit einer Langweilerin (ungebleicht, ohne Risse), die einfach mal den Schnabel hält. (feld, 13.4.2017)