Mit seinen zwei Treffern gegen die Bayern hält Cristiano Ronaldo mittlerweile bei 100 Toren in 143 Spielen des internationalen Geschäfts.

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Nach dem Ausgleich zu Beginn der zweiten Halbzeit und dem Ausschluss von Javi Martínez (61.) waren die Madrilenen kaum mehr zu stoppen. Bayern-Goalie Manuel Neuer verhinderte Schlimmeres.

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Franck Ribéry forderte vehement einen Elfer, den es nicht geben hätte dürfen, weil kein Handspiel auszumachen war.

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Zunächst per Kopf zielsicher, dann vom Punkt erfolglos: Arturo Vidal, der die Chance auf die 2:0-Führung für die Bayern vergab.

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München – Cristiano Ronaldo hat den Triple-Träumen des FC Bayern im Gigantenduell einen herben Dämpfer versetzt. Mit zwei Treffern besiegelt der Weltfußballer den 2:1-Hinspielsieg von Real Madrid im Viertelfinale in München. Ronaldo avancierte damit zum ersten Spieler überhaupt, der in Uefa-Klubbewerben 100 Tore erzielt hat. Die Bayern konnten indes ihren Topstürmer Robert Lewandowski nicht ersetzen.

Die Lage beim deutschen Rekordmeister ist nun ziemlich prekär. Aber, betonte auch Thomas Müller vor dem Rückspiel beim Titelverteidiger am Dienstag (20.45 Uhr/Sky) im Estadio Santiago Bernabeu, "wir brauchen kein Fußball-Wunder. Der Glaube ist sehr groß, sonst wären wir nicht beim FC Bayern."

100. Treffer im Europacup

Doch Ronaldo traf mit seinen zwei Toren den FC Bayern mitten ins Mark. In der 47. Minute brachte er die Münchner mit dem Ausgleich ins Wanken, dann, in der 77. Minute, versetzte er ihnen den Knock-out. Ja, sagte er, "diesen Rekord wollte ich unbedingt erreichen."

Für die neue Bestleistung benötigte der Portugiese 143 Spiele. 97 Treffer erzielte er in der Champions League, zwei im Uefa-Supercup und eins in der Champions-League-Qualifikation. 84 Mal traf der Offensivmann für Real, 16 Tore erzielte er für seinen Ex-Klub Manchester United. Nummer zwei in der Statistik ist Lionel Messi. Der Barcelona-Star hält bei 97 Treffern in 118 Spielen für die Katalanen.

Gelb-Rot an Martinez entscheidende Szene des Spiels

Ronaldo war neben seinen Treffern noch an einer weiteren, vielleicht sogar der entscheidenden Szene des Spiels beteiligt: Zweimal konnte sich Javi Martínez nur noch mit Fouls gegen ihn helfen, zweimal sah er dafür Gelb, ergab in Summe Gelb-Rot (61.). "Mit dem Platzverweis war es deutlich einfacher für uns", wusste Ronaldo. Allerdings wurde dadurch auch klar: Nach Beginn der zweiten Halbzeit bekamen die Münchner "CR7" nicht mehr richtig in den Griff: Auch, weil er nicht mehr ausschließlich über die Abwehrseite von Philipp Lahm angriff.

"Ronaldo ist immer da, wo der Ball hinkommt", sagte Trainer Zinedine Zidane. Genau genommen kommt der Ball dahin, wo Ronaldo ist, und diesmal erweiterte er seinen üblichen Aktionsradius außerordentlich geschickt. Er habe, berichtete Zidane, sich während des Spiels gedacht, Ronaldo solle sich nicht auf die linke Seite, die er sonst so gerne bearbeitet, konzentrieren. "Er ist immer besser über links, aber gegen eine Mannschaft wie Bayern muss man ständig die Position wechseln", sagte der Franzose. Gesagt, getan.

Ancelotti: "Mehrere Schlüsselszenen"

Sehr bemüht aber letztlich erfolglos war Arjen Robben. "Noch", sagte er trotzig, "sind wir nicht verloren." Man sei "noch am Leben", sagte Trainer Carlo Ancelotti, aber was sollte er auch anderes sagen nach einem Spiel, in dem für ihn und seine Bayern alles schief ging, was nur schiefgehen konnte. Erst verschoss Arturo Vidal, der die Bayern noch in Führung gebracht hatte (25.), kurz vor der Pause in Uli-Hoeneß-Manier einen Handelfmeter. Dann sah auch noch Javi Martínez Gelb-Rot. Es habe "mehrere Schlüsselszenen" gegeben, sagte Ancelotti, "aber diese war spielentscheidend. Zum Glück hat Real nicht noch ein Tor mehr geschossen."

Das wäre gleich mehrmals möglich gewesen. Doch Torhüter Manuel Neuer hielt mit einigen Weltklasse-Paraden die vagen Hoffnungen der Münchner aufrecht. Man habe das Gefühl gehabt, kritisierte ZDF-Experte Oliver Kahn, "die schenken das ab. Auch mit zehn Mann kann man aggressiver verteidigen."

Rückschlag für bayerische Ambitionen

Ein Ausscheiden der Bayern im Viertelfinale nach fünf Halbfinal-Teilnahmen in Serie wäre für Ancelotti und die Pläne der Bayern ein herber Rückschlag. In erster Linie war der 57 Jahre alte Italiener nach der Ära Pep Guardiola angetreten, um nach 2013 endlich wieder den Titel in der Champions League nach München zu holen. Jetzt beginne die "Ancelotti-Zeit", hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in den vergangenen Wochen mehrmals betont. Und dann passierte im ersten richtigen Härtetest so etwas!

Nun hofft Ancelotti vor allem auf die schnelle Rückkehr von Torjäger Robert Lewandowski (Schulterprellung), der am Mittwochabend schmerzlich vermisst wurde, und auf Innenverteidiger Mats Hummels. "Wir haben sechs Tage Zeit, ich denke, sie können sich bis dahin erholen", sagte der Bayern-Coach, wobei es besonders bei Hummels (Sprunggelenksverletzung) ein Wettlauf mit der Zeit werden wird.

Spielraum nach oben

Doch egal, ob mit Lewandowski und/oder Hummels – "Wir müssen die zehn bis 15 Prozent, die uns an Überzeugung diesmal gefehlt haben, in Madrid auf den Platz bringen", forderte Robben. Man habe nach der Führung wohl etwas "zu viel Respekt" und "zu wenig Biss" gehabt. Dies monierte auch Müller, der als Lewandowski-Vertreter im Angriffszentrum gegen Sergio Ramos und Nacho kein Land gesehen hatte. Nun müsse man, so der Weltmeister, "den Kopf hochnehmen, die paar Prozent drauflegen und in Madrid eine überragende Leistung bringen. Es ist noch alles drin."

Ernüchternde Bayernbilanz

Wenn sich Müller da mal nicht täuscht. In den bisherigen elf Europacup-Auswärtsspielen im legendären Bernabeu haben die Bayern erst einmal gewonnen – und das auch "nur" in der Zwischenrunde der Königsklasse 1999/2000 (4:2). Ansonsten stehen bei einem Remis neun Niederlagen in der ernüchternden Bilanz – eingerechnet auch das 1:2 im Halbfinale 2013: Damals hatten die Bayern allerdings das Hinspiel in München 2:1 gewonnen und anschließend das Elfmeterschießen (3:1) für sich entschieden.

Ronaldo sprach von einem "kleinen Vorteil", dennoch wollte Toni Kroos seine ehemaligen Münchner Kollegen noch nicht abschreiben. Es sei "Quatsch" zu denken, "dass nichts mehr passieren kann", betonte der Weltmeister: "Das wird ein enges Ding, weil wir es verpasst haben, noch mehr Tore zu erzielen. Es ist definitiv nicht entschieden, dazu ist Bayern zu gut." Real, so Kapitän Ramos, müsse "höllisch aufpassen". (sid, APA, red, 13.4.2017)