Erster Mann als Chef der britischen "Vogue": Edward Enninful.

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Von einem Mann seines Kalibers ist einiges zu erwarten. Als bekannt wurde, dass Edward Enninful am 1. August die Position des Chefredakteurs der britischen Vogue einnehmen wird, regnete es Glückwünsche. Der 45-Jährige gilt als gut vernetzt und beliebt in der Branche. Busenfreundin Naomi Campbell und Designer Marc Jacobs gratulierten, genauso wie die Chefredakteurin der US-Vogue, Anna Wintour.

Der gebürtige Ghanaer ist der erste männliche Chefredakteur in der hundertjährigen Geschichte des britischen Modemagazins und der erste Schwarze, der einen Vogue-Titel leitet. Ein Quotenmann ist Enninful nicht – ein Mann ohne Eigenschaften auch nicht. Der Neuzugang im Condé-Nast-Verlag ist bekannt für einen furchtlosen, kontroversen Umgang mit Modethemen, er gilt als Social-Media-affin, seit Jahren setzt Enninful sich für mehr Diversität im Business ein.

2008 wurde der Brite einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Damals verantwortete er als Redakteur der italienischen Vogue jene Ausgabe, in der ausschließlich schwarze Models gezeigt wurden. Die Nachfrage nach dem Heft war so groß, dass 40.000 Exemplare nachgedruckt werden mussten. Der 45-Jährige gilt als erfahrener Medienmacher im Mode-Segment: Der offen homosexuell lebende Enninful kann auf ein Vierteljahrhundert im Business zurückblicken.

Diese Karriere war nicht vorgezeichnet. Nach dem Umzug seiner Mutter, einer Schneiderin, von Ghana nach London wuchs Enninful mit fünf Geschwistern in Westlondon auf. Mit 16 wurde er in der Tube als Model entdeckt, während seines Studiums an der Goldsmith-Universität wechselte er die Seite. Bereits mit 18 leitete er die Moderedaktion des legendären britischen Avantgarde-Magazins i-D. Zwei Jahrzehnte blieb er dem Heft treu, bebilderte in den 1990ern die Grunge-Ära und verhalf den Models Naomi Campbell und Kate Moss zu ihren ersten Titelgeschichten.

In den Jahren darauf erarbeitete Enninful sich im Condé-Nast-Verlag ein festes Standing: Immer wieder war er für die amerikanische und die italienische Vogue tätig, zuletzt arbeitete er für die Verlagspublikation W Magazine mit Sitz in New York. Enninful ist nun einer von vier männlichen Chefredakteuren bei der 22 verschiedene Ausgaben umfassenden Vogue. Er tritt kein leichtes Erbe an. Seine Vorgängerin Alexandra Shulman saß ein Vierteljahrhundert fest im Sattel. (Anne Feldkamp, 13.4.2017)