Die FPÖ präsentiert demnächst ihr lange versprochenes Wirtschaftsprogramm. Das ist insofern interessant, als die wirtschaftspolitische Positionierung der Partei in der Öffentlichkeit ja oft als schwammiger wahrgenommen wird als ihre Haltung in Zuwanderungs- oder Europafragen.

Relativ unbestritten ist, dass die FPÖ zumindest bis in die 1980er ein relativ liberales Wirtschaftsprogramm hatte. Zum Teil war dieser Liberalismus einer Ablehnung des rot und schwarz dominierten Machtkartells aus Verbänden, Kammern und Staatsbetrieben geschuldet – zum Teil entsprach er aber den Interessen der FPÖ-Wählerschaft, in der lange Zeit Freiberufler und leitende Angestellte überproportional vertreten waren.

Seit der Hinwendung zum Rechtspopulismus in den 1980ern zieht die Partei hingegen immer größere Anteile der Arbeiterschaft in ihr Wählerreservoir (wobei der Anteil der Arbeiter an der Erwerbsbevölkerung stetig sinkt). 1999 wählte fast jeder zweite Arbeiter die FPÖ, im ersten Wahlgang der Bundespräsidentschaftswahl 2016 waren es laut Wahltagsbefragung gar 72 Prozent. Einen ähnlichen Trend gibt es übrigens in ganz Westeuropa.

Nun hat die Unterstützung der FPÖ durch die Arbeiterschaft weniger mit ökonomischen als mit kulturellen Faktoren zu tun, dennoch könnte man erwarten, dass die Partei wirtschaftspolitisch nach links rückt, um den Änderungen in ihrer Wählerkoalition Rechnung zu tragen. Die zweite Grafik zeigt mit Daten aus der Autnes-Wahlprogrammanalyse, wie sich die Parteien im sozioökonomischen Bereich seit 1970 positioniert haben.

Für die Datengewinnung wurde jede Aussage bezüglich des Themas Wirtschafts- oder Sozialpolitik in den Wahlprogrammen als entweder ökonomisch links beziehungsweise interventionistisch (–1), neutral (0) oder ökonomisch rechts respektive wirtschaftsliberal (+1) eingestuft. Der Mittelwert über alle diese Werte pro Wahlprogramm ergibt dann die Parteiposition (Details zur Methode finden sich hier).

Wenig überraschend erscheinen SPÖ und Grüne konsistent links von den anderen Parteien. ÖVP und FPÖ nehmen meist Positionen nahe der Mitte ein, wobei beide seit 2000 leicht links von der Nulllinie liegen. Das zeigt auch eines: Eine konsequent wirtschaftsliberale Partei gibt es in Österreich nicht. Alle Parteien unterstützen im Prinzip einen relativ großzügigen Wohlfahrtsstaat und eine aktive Rolle des Staates bei der Regulierung wirtschaftlicher Aktivitäten. Selbst das Liberale Forum und Neos nehmen keine marktradikalen Standpunkte ein.

Die FPÖ hat sich also ihrer neuen Wählerschaft bedingt angepasst. Sie ist seit Mitte der 1990er ökonomisch etwas nach links gerückt, aber noch deutlich von SPÖ oder Grünen entfernt (was die Wähler im Mittel auch so wahrnehmen). Nicht zuletzt die sinkende Bedeutung der Arbeiterschaft als Wählergruppe bedeutet, dass eine weitere Wanderung der FPÖ nach links auch in Zukunft nicht unbedingt zu erwarten ist. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 15.4.2017)

Laurenz Ennser-Jedenastik ist Politikwissenschafter an der Universität Wien.