Wien – Ob Tiere und kleine Kindern ein Ich-Bewusstsein besitzen, wird üblicherweise mit dem Spiegeltest überprüft. Das Experiment soll nachweisen, ob das jeweilige Wesen die Reflexion vor ihm als das erkennt, was es ist: ein Spiegelbild seiner selbst. Nur eine Hand voll Arten ist dazu in der Lage. Dazu zählen die Menschenaffen, Delfine, Elstern, Elefanten; zuletzt kamen – mit etwas Unterstützung durch den Testaufbau – auch Rhesusaffen dazu. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass die solcherart demonstrierte Selbsterkenntnis mit Empathie und höheren kognitiven Fähigkeiten in Zusammenhang stehen.

Video: Der Spiegeltest mit Asiatischen Elefanten.
Think Elephants International

Doch die Methode hat auch Kritiker. Einige sind der Ansicht, dass dieser Test komplexes Denkvermögen nur in einem begrenzten Ausmaß nachweisen kann. Eine potenzielle Ergänzung zur Messung des tierischen Selbst-Bewusstseins wäre ein Test zur Feststellung des eigenen Körpergefühls. Derartige Experimente untersuchen, ob Individuen ihren Körper als Hindernis zur Lösung eines bestimmten Problems erkennen. Damit weisen sie auf ein mögliches Verständnis der Tiere über das Verhältnis des eigenen Körpers zur physischen Umwelt hin.

Simpler Stöckchentest

Einen solchen Test haben nun Asiatische Elefanten (Elephas maximus) mit Bravour gemeistert: Ein internationales Team um Rachel Dale von der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat für seine Experimente einen ähnlichen Test für Kinder adaptiert: Die simple Übung bestand darin, einen Stock aufzuheben und einem Menschen zu übergeben. Einige der Stöcke waren allerdings an einer Matte befestigt, auf die die Elefanten treten mussten, um an den Stock zu gelangen. Damit hinderte ihr eigenes Gewicht die Dickhäuter zunächst daran, ihre Aufgabe zu erfüllen. Erst wenn sie von der Matter herunter stiegen und sich dem Holzstück von einer anderen Seite näherten, konnten sie es aufheben und dem Trainer übergeben.

Video: Der Stöckchentest belegt das Körperbewusstsein der Elefanten.
JoshElephant

Wie die Wissenschafter nun im Fachjournal "Scientific Reports" berichten, erkannten die Elefanten bei 48 Durchläufen im Schnitt 42 Mal das Problem und reagierten richtig, indem sie wieder von der Matte traten. Gab es keine Verbindung zwischen Matte und Stock, verließen sie durchschnittlich nur dreimal die Matte. Das klare Ergebnis belegt das Körperbewusstsein der Tiere und untermauert nach Ansicht der Forscher bisherige Erkenntnisse über die hohe Intelligenz des Asiatischen Elefanten.

Hilfe beim Schutz der Dickhäuter

Für Josh Plotnik von der University of Cambridge sollten diese neuen Erkenntnisse auch in die Bemühungen zum Schutz der Elefanten in der Wildnis einfließen. "Je mehr wir über das Verhalten der Elefanten herausfinden, umso mehr lernen wir auch ihre Bedürfnisse kennen", meint der Koautor der Studie. "Das hilft uns bei der Suche nach einer langfristigen Lösung zum Schutz dieser Tiere in freier Wildbahn, insbesondere dort, wo es zu regelmäßigen Konflikten mit Menschen kommt." (tberg, 18.4.2017)