Die Künstlerin Nicole Krenn lebt und arbeitet in einem dauerprovisorischen Readymade im dritten Bezirk in Wien. Ihre Wohnung ist Rückzugsort, Atelier und Bühne in einem. Jetzt träumt sie nur noch von einer Sauna.

"Die Leiter spielt eine zentrale Rolle in meinem Leben. Der Raum ist fast fünf Meter hoch, und so brauche ich die Leiter zum Einfädeln der Hängematte, vor allem aber zum Aufhängen meiner Werke. Eine Arbeit von mir ist nie fertig, wenn sie fertig ist, sondern braucht immer ein paar Wochen und Monate zum Reifen. Ich hänge die Bilder etliche Male um, mal weiter oben, mal weiter unten. Und erst wenn ich mir ganz sicher bin, dass nichts mehr ergänzt werden muss, ist die Arbeit auch wirklich abgeschlossen. Und natürlich eignet sich die Leiter auch dafür, mich in Pose zu bringen. Ich bin ziemlich beweglich, oder?

"Dieser Raum macht mich frei und gibt mir Luft zum Atmen. Es gibt keine Spielregeln." Nicole Krenn in ihrem Wohnzimmer in Wien-Landstraße.
Foto: Lisi Specht

Ich habe diesen Raum wahnsinnig gern. Das ist mein Wohn-Arbeits-Feier-Freizeit-Zimmer. Hier findet alles Mögliche statt. Allerdings nur im Frühling, Sommer und Herbst, denn im Winter ist das riesige Volumen nicht zum Derheizen, weder mit den Heizkörpern noch mit dem Holzofen. Wenn es draußen kalt ist, dauert es ewig, bis es hier einigermaßen aushaltbar warm ist. Der Raum hat an die 60 Quadratmeter, ist das Zentrum unserer WG und fördert so ziemlich die Kreativität aller, die hier je gewesen sind. Er ist Bühne für jede Verrücktheit, die man sich nur vorstellen kann.

Fotos: Lisi Specht

Ein Freund hat vor vielen, vielen Jahren ein Moped raufgeschleppt, um es hier in seine Einzelteile zu zerlegen und sich am Anblick zu erfreuen, bevor er gemerkt hat, dass er nicht mehr in der Lage ist, es wieder zusammenzubauen. Wieder andere haben hier das letzte Abendmahl nachgestellt, es gab unzählige Feste, Lesungen und Vernissagen, und mein Mitbewohner Michael Wörgötter hat hier eine Installation aus 100 Plastikgartenstühlen an Wand und Decke geschraubt. Der schönste Staubfänger, den man sich vorstellen kann!

Schon als das Haus – ein wunderschönes Jugendstilhaus mitten im dritten Bezirk – 1905 errichtet wurde, war dieser Raum hier als Atelier gewidmet. Das diffuse Nordlicht ist wunderbar zum Arbeiten. Das ist auch der Grund, warum ich ihn unter anderem zum Arbeiten nutze. Er macht mich frei und gibt mir Luft zum Atmen. Sobald ich arbeite, nehme ich ihn fast schon als Außenraum wahr. Ganz so, als würde ich draußen in der freien Natur stehen.

Fotos: Lisi Specht

Ich bin gerne in den Bergen, meist im Gesäuse und im Toten Gebirge. Dort fotografiere ich, dort hole ich mir meine Motive, die ich anschließend zu Grafiken weiterverarbeite. Ich zeichne Steine und Felsen. Die unverwechselbare Kraft der Linien fasziniert mich. Wenn ich mich in die Geometrien hineinfühle und hineindenke, wenn ich mit ihnen und gegen sie arbeite, dann ist es, als würden meine Hände eine Kalligrafie der Berge aufs Blatt bringen. All das ist in diesem Raum möglich.

Was die Möbel betrifft: Ich halte klassische, monofunktionale Möbel, die jedes Nachdenken und Zuordnen von möglichen Funktionen dem Nutzer abnehmen und uns industriell bevormunden, nicht aus. Das macht mich wahnsinnig. Ich brauche Möbel und Readymades, die mal das und mal das sind, die spielerisches, lustvolles Herumprobieren fördern.

Fotos: Lisi Specht

Vieles habe ich aus Lust und Laune arrangiert und installiert. Manches davon ist nach kurzer Zeit wieder verschwunden, anderes hält sich als Langzeitprovisorium bis heute. Es gibt keine Spielregeln. Ich brauche zwar eine gewisse Ordnung um mich herum, sowohl in der Wohnung als auch in meinem Leben, aber ich halte Chaos echt gut aus. Und das beflügelt mich. Das Einzige, was mir jetzt noch fehlt, ist eine Sauna. Ich hätte gerne eine selbstgebaute Sauna mitten im Raum, und zwar genau hier an dieser Stelle." (Wojciech Czaja, 18.4.2017)