Im Dunkeln liegt noch, wie genau Mateschitz an die Wahrheit kommen will.

Foto: APA / dpa / Arne Dedert

Schade, dass Jörg Haider das nicht mehr erleben darf. Er, der uns nie belogen hat, wird nicht dabei sein, wenn endlich die Wahrheit eine Plattform erhält. Niemand Ärmerer als Didi Mateschitz nimmt sich ihrer an.

Der Red-Bull-Fantastilliardär beabsichtigt, eine Plattform zu gründen, die Nachrichten der Welt näher an die Wahrheit rücken soll, wie er sagt. Allein daran merkt man schon, er ist der richtige Mann, weiß er doch jetzt schon, dass die Wahrheit den Menschen nicht adäquat vermittelt wird.

Das ist revolutionär. Vermutete man die Wahrheit bisher im Wein, belehrt er die Welt, dass sie in der Dose liegt. Immerhin finanziert sie dieses Projekt irgendwie. Das ist schön, künftig wird man die Weisheit mit dem Löffel nicht mehr trocken zu sich nehmen müssen, man kann sie ohne den Umweg einer Schulbildung mittels Wodka-Red-Bull auf dem Weg ins Koma als Kollateralsegen empfangen: am Ende des Tunnels das Licht der Erkenntnis, herrlich. Vorbei ist die Zeit der geborgten Flügel, künftig wird es heißen: Red Bull, weil ich es wissen will!

Was die Wahrheit ist, beschäftigt die Philosophie seit Jahrtausenden. Dafür haben wir nicht den Platz, wir bescheiden uns mit der Definition von der Übereinstimmung einer Behauptung mit der Wirklichkeit und der Herkunft des Pronomens "weer" aus dem Indogermanischen. Da stand es für Vertrauen und Zustimmung.

Im Dunkeln liegt noch, wie genau Mateschitz an die Wahrheit kommen will. Anhand der globalen Marktpräsenz seines Getränks erlaubte eine Multimedia-Ausstattung jeder Dose eine nahezu flächendeckende Korrespondenz mit dem Wahrheitshauptquartier. Oder er baut den Formel-1-Boliden unter den Lügendetektoren. Davor zittern jene, die auf die Strategie setzten: Wenn der Moment der Wahrheit kommt, zählt nur eines – lügen, lügen, lügen.

Apropos Moment der Wahrheit. Der könnte Mateschitzs Plattform natürlich selbst irgendwann ereilen. Etwa dann, wenn die bei ihm im Sold stehenden Wahrheitsexperten der Versuchung nachgeben und einen Betriebsrat gründen wollen. (Karl Fluch, 16.4.2017)