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Trumps Kurs bleibt in vielen Fragen ein Rätsel, in einigen Punkten ruderte er zurück, in anderen änderte sich bisher im Grunde wenig.

Foto: Reuters / Yuri Gripas

Washington/Wien – Es war die Hoffnung vieler: Wenn Donald Trump erst einmal das Geschäft der Macht kennenlerne, dann werde er schon sehen, dass sich viele seiner Ankündigungen nicht wahrmachen lassen, ohne größeren Schaden anzurichten. Der Bauunternehmer habe ohnehin nur wenige echte Grundüberzeugungen und werde an der Macht zu jenen pragmatischen Positionen zurückkehren, die er in früheren Jahren hatte erkennen lassen. Nach der vergangenen Woche fühlen sich viele bestätigt, die New York Times veröffentlichte gar einen wohlmeinenden Artikel über den "Lernprozess" des US-Präsidenten. Dabei ist völlig unklar, wie weit es mit den Positionswechseln wirklich her ist – und auch, welches Kalkül dahintersteht.

  • Ein Beispiel ist das Verhältnis zur Nato: Das Militärbündnis hatte Trump vor Amtsantritt als obsolet bezeichnet, was er bei einer Pressekonferenz mit Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch zurücknahm. In der Essenz hat sich an seinen Forderungen aber wenig geändert: Die USA bestehen weiter darauf, dass Nato-Mitglieder künftig deutlich mehr für Rüstung ausgeben.
  • In Syrien geht Trump nun doch auf Konfrontationskurs mit Russland und fordert klarer als bisher die Absetzung von Machthaber Bashar al-Assad. Freilich aber, ohne die bisherige Prioritätensetzung über den Haufen zu werfen: Wichtiger als die Regierung in Damaskus bleibt der Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS). Ein Abgang Assads soll nach Willen Washingtons weiterhin in einem geordneten Prozess stattfinden. Dass der Kampf gegen die Radikalislamisten vorrangig bleibt, zeigen der offensivere Auftritt und die Häufung der US-Einsätze in Syrien, Afghanistan, im Jemen und Irak, aber auch die Kollateralschäden, die das Pentagon mit den unter Trump gelockerten Einsatzregeln in Kauf zu nehmen bereit ist. In der Nacht auf Freitag warfen US-Streitkräfte erstmals die als "Mutter aller Bomben" bekannte Massive Ordnance Air Blast (MOAB) über Afghanistan ab, um IS-Tunnel zu zerstören.
  • Es dürfte vor allem Nordkorea sein, dem womöglich ein Großteil der Drohkulisse gilt, die Trump in den vergangenen Wochen in Syrien, im Jemen und im Irak aufgebaut hat. Auch die Annäherung an China, den traditionellen Verbündeten Nordkoreas, dürfte in diesem Licht zu sehen sein: Laut einem Bericht des TV-Senders NBC von Donnerstag erwägen die USA einen vorbeugenden Luftangriff gegen das kommunistische Regime, sollten sie von einem weiteren bevorstehenden Atomtest überzeugt sein. Der Druck zeigt Wirkung: Nachdem Peking den Verzicht auf den Import nordkoreanischer Kohle angekündigt hatte, wurden am Freitag sämtliche Air-China-Flüge nach Pjöngjang eingestellt. Eine abrupte Kehrtwende hat Trump hier vollzogen: Weil er um Pekings Unterstützung buhlt, wirft er China, erklärter Feind während des Wahlkampfes, neuerdings keine Währungsmanipulation mehr vor.
  • Auch innenpolitisch ist die Bilanz des Wandels nach der gescheiterten Gesundheitsreform zwiespältig. US-Medien überschlagen sich mit Meldungen über den sinkenden Einfluss von Trumps rechtem Berater Steve Bannon. In der konkreten Politik hat sich das bisher aber kaum niedergeschlagen. Und auch Justizminister Jeff Sessions hat nicht erkennen lassen, dass er von seinen harten Forderungen abrücken wird: Er betonte jüngst, Immigranten sollten sich in Acht nehmen, mit Trump sei eine "neue Ära angebrochen".

  • Diese bleibt vorerst auch gesellschaftlich zu spüren. Erst am Donnerstag unterzeichnete der Präsident ein Gesetz, das es Bundesstaaten ermöglicht, der Organisation Planned Parenthood Förderungen zu entziehen. Sie bietet vor allem medizinische Beratung und Untersuchungen zu Verhütungsmethoden an. Weil sie auch über Abtreibung informiert und diese in einigen Fällen selbst durchführt, ist sie Konservativen ein Dorn im Auge. (Anna Giulia Fink, Manuel Escher, 14.4.2017)