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Facebooks Livestreaming-Angebot wird für Gewaltinhalte missbraucht

Foto: Reuters/Duvignau

Cleveland – In den USA wird ein Mann gesucht, der das Video eines selbst verübten Mords auf Facebook veröffentlicht haben soll. Die Polizei in Cleveland teilte mit, Steve Stephens (37) werde verdächtigt, einen 74-Jährigen getötet und die Tat am Sonntag nahezu live in dem sozialen Netzwerk übertragen zu haben. Er sei bewaffnet und gefährlich. Das Opfer scheine willkürlich ausgewählt worden zu sein.

Während das Video wirkte, als sei es eine Live-Übertragung, stellte sich später heraus, dass der Verdächtige es nach einer kurzen Verzögerung hochgeladen hatte. Wenige Minuten danach begann er jedoch mehrfach, live zu streamen. Facebook hat den Account des Mannes nun komplett gesperrt, berichtet das Wall Street Journal. Am Montag setzte die Polizei Belohnung von 50.000 US-Dollar aus, verkündete Bürgermeister Frank Johnson.

Angeblich noch mehr Opfer

Der mutmaßliche Täter habe darüber hinaus behauptet, weitere Menschen getötet zu haben. Dies sei aber noch nicht bestätigt. Die Polizei habe Hunderte Hinweise geprüft, aber keine Zusammenhänge zu anderen Vorfällen in der Stadt entdeckt. Stephens soll angegeben haben, insgesamt bis zu 13 Personen getötet zu haben. Später erhöhte er diese Zahl auf 15 und behauptete, dass eine Reihe von Leichen in einem verlassenen Haus zu finden seien.

Der Verdächtige sei "wütend auf seine Freundin" gewesen und habe deshalb auf Menschen geschossen, sagte seine Mutter dem Sender CNN. Sie habe am Sonntag mit ihrem Sohn gesprochen und ihn gebeten aufzuhören, berichtete die Frau. Sie könne nicht glauben, was passiert sei. Laut dem Bericht hatte die Polizei am Sonntag auch mit der Freundin des mutmaßlichen Täters gesprochen.

Medienberichten zufolge arbeitete der Verdächtige in einer Klinik für Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten im Nordosten von Ohio.

Willkürliche Auswahl

Polizeichef Calvin Williams sagte: "Was heute geschah, ergibt keinen Sinn." Der Täter habe eine Person willkürlich ausgewählt. Er forderte den Täter auf, sich zu stellen. Das Video wurde von Facebook drei Stunden nach der Tat gelöscht. Es ist nicht das erste Mal, dass Inhalte schockieren, die live oder nahezu live auf Facebook gestellt werden. Auf der Plattform wurden etwa Polizeigewalt, Vergewaltigungen und Misshandlungen in Echtzeit übertragen.

Kein präventives Upload-Verbot

Facebook verlässt sich auf ein Team an Mitarbeitern, um Videos zu sperren. Eine zentrale Rolle nehmen die Nutzer selbst ein, die verbotene Inhalte an Facebook melden sollen. Die Plattform weigert sich, bestimmte Inhalte nach automatisierter Analyse präventiv zu sperren. Allerdings ist das Problem nicht zwingend plattformspezifisch, auch bei Liveübertragungen im Fernsehen kann es zu spontanen Ereignissen kommen, die Zuseher verstören. Das 57 Sekunden lange Video, das den Verdächtigen bei seinem Mord zeigt, dürfte Facebook nun länger beschäftigen.

Facebook beruft sich bei derartigen Inhalten auch auf den Informationsgehalt der Videos. So spiele der Kontext, in dem derartige Videos erscheinen, eine wichtige Rolle. In Österreich sorgte beispielsweise ein Gewaltvideo für Entsetzen, das zeigt, wie ein junges Mädchen verprügelt wird. Facebook gab damals an, dass das Video nicht Gewalt verherrliche, sondern dagegen auftrete. Auf Verlangen der Staatsanwaltschaft kam es jedoch zur Löschung. (APA, red, 17.4.2017)