Es hätte einer der schönsten und aufregendsten Jobs des ORF werden können: Hunderte kluge, kundige, bestinformierte und hoch motivierte ORF-Journalisten versuchen gemeinsam, die allerallergrößte Redaktion des Landes noch besser, noch klüger, noch schneller, noch innovativer zu machen, und zumindest so unabhängig und vielfältig wie bisher.

Ein Aufbruch, eine Neuerfindung, voll von konstruktivem Journalismus, erhellenden Erklärungen und Investigation bis in die modrigsten Sümpfe von Österreichs Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und, auch dort soll es sie geben, Medien. Allein: Der Mann, der diesen Job machen wollte, hat nun nach STANDARD-Infos den Hut draufgehaut.

Wie jetzt? Wer jetzt? Nein, es geht – ausnahmsweise in diesen Wochen – in der Etat-Wochenschau nicht um Roland Brunhofer (oder zumindest nicht gleich). Sondern um Stefan Ströbitzer, Innovationschef in der Programmdirektion des ORF und zuvor schon Radio-Chefredakteur, TV-Vizechefredakteur und Ö3-Infochef.

Stefan Ströbitzer hat, so erzählt man sich jedenfalls unter ORF-Direktoren, seine Funktion als Projektleiter und Koordinator des geplanten multimedialen ORF-Newsrooms für Fernsehen, Radio, Online und alle erdenklichen anderen Medien zurückgelegt. Entnervt, so erzählt man sich ebenfalls unter ORF-Führungskräften.

Es hätte einer der schönsten Jobs werden können, aber auch einer der mühsamsten. Nur eine Auswahl erdenklicher Mühsal dieser Funktion: Radiojournalisten, die verständlicherweise lieber im zentraler gelegenen Funkhaus bleiben wollten, als auf den Küniglberg zu ziehen. Eine ORF-On-Redaktion, die unter der Bedingung auf den Küniglberg übersiedeln mag, dass sie ihre Arbeit so wie bisher in Wien-Heiligenstadt tun kann. Viele Journalisten zudem mit einiger Skepsis gegenüber einem so großen Ganzen – von der Raumsituation bis zur Sorge über einen allen über alle Medien anschaffenden Redaktionschef.

Dazu ein Bauprojekt für diesen Newsroom, in dem stabile Decken für TV-Lichtträger ebenso übersehen werden wie im Altbau millionenschwerer Sanierungsbedarf für Studios ignoriert. Und – eigentlich wenig überraschende – Anrainerproteste, die den Zubau um Monate und Jahre verzögern – nach ohnehin schon jahrelangen, zähen Workshops, Befragungen, Verhandlungen und Sitzungen zur Vorbereitung des Newsrooms.

Ströbitzer und ein Newscenter anno 2010: Als gerade neuer Radio-Chefredakteur des ORF im Funkhaus.
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Zuletzt soll Projektleiter Ströbitzer unverdrossen vorgeschlagen haben, das multimediale Zusammenarbeiten doch zumindest in einer Art Pilotversuch, vorerst auch ohne neuen Newsroom doch einfach auszuprobieren – wenn man auf den Newsroom noch länger warten muss. Vermutlich mit einer nicht ganz absurden Überlegung wie: Wenn der ORF zum Schluss gekommen ist, dass die Zusammenarbeit über mehrere Medien hinweg Ziel ist und Sinn ergibt – warum dann nicht schon einmal mit dem Sinnvollen beginnen? Auch der kleine Anlauf soll, siehe oben, an der Skepsis vieler Beteiligten gescheitert sein – und an der Durchsetzungsfreude der ORF-Geschäftsführung.

Was sagt der Mann dazu, um den es hier geht? Nichts: Er befinde sich auf Urlaub, smst er auf Anfrage der Wochenschau zu seinem kolportierten Abschied von der Newsroom-Projektleitung, im übrigen: kein Kommentar zu den STANDARD-Infos.

Womit wir wieder bei Roland Brunhofer wären, Sozialdemokrat, ehemaliger Redakteur, Moderator, Betriebsratschef im ORF Oberösterreich und danach Landesdirektor im ORF Salzburg und nun Kandidat für die geplante Funktion eines Channel Managers von ORF 2. Dort wäre er zumindest mit zuständig für die wichtigsten Infosendungen des ORF von "Zeit im Bild" und "ZiB 2" bis "Report" – und wer Brunhofer kennt, kann sich schwer vorstellen, dass er sich nur mit zuständig fühlt.

Auf ORF 2 findet sich ebenso der allergrößte Teil der Kulturprogramme im ORF-Fernsehen. Das kann sich, nach den Erfahrungen Brunhofers in der Festspielstadt Salzburg, auch noch interessant entwickeln.

ORF-Chef Alexander Wrabetz wird diese Woche aus dem Osterurlaub zurück auf dem Küniglberg erwartet. Die Redakteure haben ihm noch vor dem Fest ihre massiven Bedenken gegen die neue ORF-Struktur, eine bisher ungekannte "Machtfülle" des ORF-Generals in der Information und gegen womöglich parteipolitische Besetzungen übermittelt. Wrabetz muss sich nun unter – kolportiert – zwei Varianten seiner Organisationsanweisung in der Schublade entscheiden, um die Channel Struktur in die Welt zu setzen, und die Channel Manager ausschreiben, vielleicht gleich mit den Channel-Chefredakteuren und den Channel-Programmplanern (offenbar doch nicht ureigenste Aufgabe der Channel Manager).

Nun wird im ORF ob des Widerstands gegen Brunhofer längst über mögliche Alternativen für ORF 2 spekuliert. Stefan Ströbitzers Name fällt in solchen Gesprächen meist als erster. Etwa auch jener von Magazinchefin Waltraud Langer (ihre Hauptabteilung fehlte laut ORF-Redakteuren in den Strukturplänen, die General Wrabetz ihnen Ende März präsentierte). Und jener von Langers Stellvertreter Peter Resetarits. Alles ORF-Spekulation, in Deutschlands Anstalten würde man vielleicht von Flurfunk sprechen.

Doch Spekulation ist nicht alles in dieser heiter bis wolkigen, manchmal auch einfach umnachteten Prognosekolumne.

Konstruktivem Journalismus fühlt sich die Etat-Wochenschau schon lange verpflichtet. Soll, etwas grob umrissen, heißen: Nicht nur motzen, sondern Lösungen anbieten! Konstruktiv wie Bob the Builder eben.

Yo, wir schaffen das: Konstruktiv wie Bob the Builder.
Bob the Builder

Die Lösungsvorschläge der Woche

Problemfall Channel Manager. Wer in der "ZiB 2" nicht mehr befragt werden will, wie Armin Wolf nun einmal fragt (nämlich zum allergrößten Teil wie journalistische Interviews nun einmal geführt werden können und sollen, wenn der Interviewer hervorragend vorbereitet ist) – der befördere Wolf in eine Managementfunktion. Die Funktion eines Channel Managers für das größte, stabilste, öffentlich-rechtlichste ORF-Programm, für die Säule von Information und Kultur im ORF-Fernsehen steht gerade zur Besetzung an. Wer es nicht weiß: Wolf hat eine Zusatzausbildung in kreativem Management an der angesehenen Berlin School for Creative Leadership.

Wo wir schon so konstruktiv unterwegs sind wie Bob the Builder, gleich noch ein Problemfall: Wohin mit dem "Extradienst", wenn sich Christian W. Mucha nun tatsächlich als Verleger zur Ruhe setzt, wie er im jüngsten Editorial (wieder) freudig ankündigte?

Der Lösungsvorschlag der Etat-Wochenschau: Die Fellners, von denen Mucha nach eigenem Bekunden im Verkauf noch viel gelernt hat, könnten doch ihr Portfolio in die Welt des Branchenjournalismus erweitern. Sie sammeln ohnehin gerade abgelegte Magazine ein – zuletzt die von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz auf der Suche nach dem Wahren aufgegebenen "Seitenblicke". Nicht nur der "Extradienst" für die Kommunikationsbranche würde sich da anbieten: Zum Fellner-Reisebüro "Joe24" würde Muchas Tourismustitel "FM" doch ganz gut passen.

Dieser Mann ist mit Dietrich Mateschitz' Latein gerade wieder am Anfang: Andreas Steppan. Geht gerade in sein drittes Fernseh-Jahrzehnt als Gesicht des Privatfernsehens (zwischendurch war er als "Selfman" beinahe öffentlich-rechtlich).
ServusTV / Martin Hoermandinger

Bei Mateschitz indes sind wir mit unserem Latein am Ende – kein Lösungsvorschlag, nur billige Anspielungen auf ein Faible von Dietrich Mateschitz für Titel wie im alten Rom.

Da besinnt sich die Etat-Wochenschau auf ihre ureigenste Aufgabe, ihre Mission und Vision: Schreiben, was kommt. Diese Woche: "Homo Austriacus", die neue Hauptabendrateshow von Servus TV.

"Quiz Master", das über viele Monate im Vorabend täglich beste Stück von Servus, erholt sich einstweilen zurück auf dem alten Sendeplatz vom nicht ganz so rund gelaufenen Ausflug in den Hauptabend. Während nun Andreas Steppan um 20.15 ran muss mit Promis und Fragen über das Wesen der Österreicher.

Andreas Steppan (legendär auch als ORF-"Selfman" für die inzwischen gescheiterte Do-It-Yourself-Kette Baumax) war übrigens eines der ersten Privat-TV-Gesichter Österreichs: Er startete vor ziemlich genau 20 Jahren als Bar- und Nachtleben-Reporter von Wien 1. Dieser Vorläufer von ATV ging am 15. April 1997 on air – und wird zwei Jahrzehnte später wieder einmal neu erfunden, nun von ProSiebenSat1Puls4.

Womit wir auch den Mitarbeiter der Etat-Woche(nschau) gefunden hätten. (Harald Fidler, 17.4.2017)