Zuletzt warb ÖVP-Klubchef Lopatka (l.) den Abgeordneten Christoph Vavrik von den Neos ab.

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Wien – ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka schlägt eine Reform der Klubförderung vor. Konkret soll es beim Zusatzbetrag für den sechsten bis zehnten Nationalratsabgeordneten Änderungen geben, sieht er darin doch eine Ungerechtigkeit. Vorstellen kann er sich auch eine Diskussion über einen Bonus für Fraktionen mit höherem Frauenanteil.

Nach dem jüngsten Wechsel von Neos-Mandatar Christoph Vavrik in die ÖVP-Fraktion hatte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) im STANDARD-Interview neuerlich vorgeschlagen, die Regelungen für die Klubfinanzierung zu ändern. Lopatka zeigte sich im Gespräch mit der APA bereit zu einer Diskussion, dies müsse aber umfassend geschehen, stamme das Gesetz doch aus dem Jahr 1985. Die Novelle soll für "mehr Gerechtigkeit sorgen, weil momentan ist das Gesetz ungerecht".

Unterschiedlich "wertvolle" Mandatare

Derzeit bekommen alle Fraktionen einen gleich hohen Sockelbetrag (1,27 Millionen Euro). Darüber hinaus gibt es einen Zusatzbetrag für den 6. bis 10. Nationalratsabgeordneten. Der Klub erhält damit für diese Mandatare etwa dreieinhalb Mal so viel Förderung wir für alle anderen Abgeordneten – laut Lopatkas Angaben derzeit 170.000 Euro gegenüber 49.000 Euro im Jahr.

Diese zu Beginn der Gesetzgebungsperiode 29 Mandatare (6. bis 10.) kosten 4,9 Millionen Euro pro Jahr und damit um 3,5 Millionen Euro mehr als 29 andere Abgeordnete. Für die übrigen 154 Abgeordnete stehen demgegenüber rund 7,6 Millionen Euro zur Verfügung.

"Eklatante Bevorzugung" von "Kleinstparteien"

Der Klubobmann schlägt nun vor, dass die für die 29 derzeit bevorzugten Mandatare zusätzlich gewährten Fördermittel in Höhe von 3,5 Millionen Euro gleichmäßig auf alle 183 Abgeordneten aufgeteilt werden. Somit würden alle Nationalratsabgeordneten derzeit 68.000 Euro pro Jahr für die Klubs wert sein. Dies bedeute für 154 Mandatare eine Erhöhung der Klubförderung um etwa 19.000 Euro pro Jahr. Das würde den drei großen Fraktionen SPÖ, ÖVP und FPÖ finanziell zugute kommen.

"Warum soll ein Abgeordneter einer kleinen Fraktion hier so viel anders gesehen werden wie der Abgeordnete einer großen Fraktion? Das Missverhältnis ist ein grobes. Das ist ein gravierender Unterschied", sagt Lopatka. "Es gibt einen riesigen Sockelbetrag und dann noch einmal die Differenzierung, das ist einmal zu viel." Mit der vorgeschlagenen Änderung würde jedenfalls die "eklatante Bevorzugung" von "Kleinstparteien" wegfallen. Allenfalls könnte der Sockel geringfügig angehoben werden. Um eine "Dynamisierung" des Betrages zu erreichen, sollten bei einer Umstellung die Beamtenbezüge als Berechnungsbasis herangezogen werden.

Lopatka kann sich auch eine Diskussion darüber vorstellen, die Klubfinanzierung an eine Frauenförderung zu knüpfen. SPÖ-Vertreter hatten dies wiederholt gefordert. "Mir ist ein Bonus lieber als irgendwelche Strafzahlungen. Ich bin nicht derjenige, der sagt: Darüber wird nicht diskutiert." Die Zahl der Ausschüsse soll weiterhin von der Zahl der Mandatare der Fraktion abhängig sein.

Heinisch-Hosek begrüßt Vorschlag zur Frauenförderung

Dieser Vorschlag stößt bei SPÖ und Grünen auf Zustimmung. "Endlich bewegt sich die ÖVP", sagte SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek. Ein Nein der Grünen gab es zur Idee, bei den Zusatzbeträgen Änderungen vorzunehmen; dies würde kleine Fraktionen benachteiligen.

"Wir wollen und brauchen mehr Frauen im Parlament", erklärte Heinisch-Hosek in einer Aussendung. "Es kann also nicht sein, dass der Bonus bei der aktuell relativ niedrigen Anzahl schlagend wird. Wir wollen daher die Förderung an eine echte Verbesserung und damit eine gute Frauenquote knüpfen", so die SP-Abgeordnete, die sich einen Richtwert von 40 Prozent vorstellen kann.

Brosz gegen Verschlechterungen für Kleinparteien

Zustimmung kam auch vom geschäftsführenden Parlamentarier der Grünen, Dieter Brosz. "Ich freue mich, wenn erkannt wird, dass unverbindliche Beschlüsse und Appelle zu einer repräsentativen Vertretung von Frauen im österreichischen Parlament bislang zu wenig Erfolg geführt haben." Eine teilweise Koppelung der Klubförderung an den Frauenanteil würde "mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass in allen Parteien mehr Frauen auf wählbaren Listenplätzen kandidieren", erläutert Brosz.

Ein klares Nein der Grünen gab es hingegen für Lopatkas Vorschlag, beim Zusatzbetrag für den sechsten bis zehnten Nationalratsabgeordneten Änderungen vorzunehmen. "Jetzt will er die Arbeitsbedingungen für Kleinfraktionen verschlechtern. Angesichts der Tatsache, dass Lopatka in dieser Periode alles daran setzt, das Transfersystem der Fußball-Bundesliga ins Parlament zu übertragen und aktiv Abgeordnete anwirbt, die für andere Parteien kandidiert haben, ist sein Vorschlag eine besondere Chuzpe. Der finanzielle Anreiz für solche Abwerbungen gehört abgeschafft und nicht weiter erhöht", so Brosz.

Der Hintergrund eines Sockelbetrags und einer erhöhten Förderung für kleinere Fraktionen liege auf der Hand. Denn auch Klubs mit sechs Abgeordneten seien in allen Ausschüssen des Nationalrats vertreten, "auch sie brauchen eine Basisinfrastruktur, eine Presseabteilung und juristische Expertise. Die Schaffung akzeptabler Arbeitsverhältnisse für alle Abgeordneten sollte in einer parlamentarischen Demokratie außer Streit stehen", sagte Brosz. (APA, 17.4.2017)