Bild nicht mehr verfügbar.

Gruppengespräche in WeChat werden stärker zensuriert.

Foto: Reuters

Die chinesische Regierung betreibt eines der umfangreichsten Zensursysteme der Welt. Während der südöstliche Nachbar – und internationales Problemkind – Nordkorea seine Bürger praktisch komplett vom Internet abschottet, versucht man im "Reich der Mitte" die Technologie zu eigenen Gunsten zu verwenden.

Mit dem vom IT-Konzern Tencent betriebenen WeChat gibt es in China das viertgrößte Messengernetzwerk der Welt. Rund 770 Millionen aktive Nutzer gibt es, die großteils aus der Volksrepublik stammen. Dort dient die Plattform auch für Online-Banking, als Bezahlsystem und für viele andere Dienste. Citizen Lab hat nun neue Details zur Überwachung von WeChat herausgefunden.

Reaktive Liste

Das Zensursystem arbeitet demnach hauptsächlich mit der Filterung bestimmter Schlüsselbegriffe. Werden "Massenverhaftungen" oder "Menschenrechte" erwähnt, kann der Filter anspringen. Offenbar tut er das aber normalerweise nur, wenn verschiedene Keywords kombiniert werden. Eine Nachricht mit dem Begriff "Menschenrechtsanwalt" wird demnach problemlos zugestellt. Ergänzt man diese aber mit Namen wie Jiang Tianyong, der vor einigen Monaten festgenommen wurde, kommt sie nicht an.

Die Liste der Begriffe ist dabei nicht in Stein gemeißelt. Sie ändert sich mit der Nachrichtenlage. Dazu wird sie auch nur für Mobilnummern angewandt, die am chinesischen Festland registriert sind – nicht aber für Sonderverwaltungszonen, wie etwa Hongkong. Für Nutzer ist allerdings nicht nachvollziehbar, wenn der Filter zuschlägt. Ihnen wird lediglich angezeigt, dass ihre Nachricht erfolgreich verschickt wurde, fasst The Verge zusammen.

Strenger bei Gruppendiskussionen

Citizen Lab hat außerdem herausgefunden, dass die Zensoren unterschiedliche Maßstäbe für Einzelgespräche und Gruppenchats anwenden. Bei Konversationen mit mehreren Teilnehmern kommt es häufiger zu einer Stichwort-Blockade von Botschaften, als bei privaten Chats. Der Grund dafür ist unklar.

Möglicherweise sei das Vorgehen ein kleines Zugeständnis in Richtung Meinungsfreiheit gedacht, während die Verantwortlichen Gruppenchats für bedrohlicher halten. Über sie können sich Diskussionen stärker und schneller verbreiten und dadurch auch eine größere Öffentlichkeit erreichen. Die Erkenntnisse zur Zensur auf WeChat sowie dem Microblogging-Dienst Weibo haben die Forscher auf ihrer Homepage veröffentlicht. (red, 20.04.2017)