Piotr Beczala als umjubelter König Gustaf III.


Foto: Michael Pöhn

Wien – Am Ostermontagnachmittag des Jahres 2017 erlebte sie ihre 91. Wiederauferstehung, die gut dreißig Jahre alte Maskenball-Inszenierung von Gianfranco de Bosio. Die Bühnenbauten von Emanuele Luzzati erheben sie in den Rang eines Hochfestes der Hässlichkeit, an dem sich ungenierte Orgien der Kulissenmalerei ereignen samt schwerer Kollisionen schräger Perspektiven; die Kostüme von Santuzza Calì simulieren einen Rokoko-Rausch der billigen Art. Man sah den guten Geschmack ans Kreuz geschlagen und litt in karfreitäglicher Weise.

Also Augen zu und Ohren auf. Die hörten zum Beispiel Piotr Beczala, dessentwegen wohl die meisten der Zuschauer in die Wiener Staatsoper gepilgert waren. Der Pole gab den schwedischen König Gustaf III. und war von den ersten gesungenen Worten an – "Amici miei, soldati" – ein energischer, viriler, vokal potenter Regent. In den ersten beiden Akten gab es noch minimale Irritationen, das Falsettieren ist Beczalas Sache nicht. Aber im Dritten war dann alles da: Kraft und Geschmeidigkeit, Stärke und Glanz. Eine vokale Machtdemonstration des 50-Jährigen, nach der alle aus dem Häuschen waren.

Piotr Beczala gehörte auch auf darstellerischem Gebiet zu den Aktivposten dieser Aufführung – was man von Kristin Lewis nicht behaupten konnte. Die US-Amerikanerin gab die Amelia, Gustavs Angebetete, in nur mäßig bewegter Weise. Gesanglich weckte sie schon mehr Interesse: Mal ähnelte ihr edles Timbre dem eines Englischhorns (mit dem sie auch im zweiten Akt duettierte), mal wusste sie mit einer walkürenhaften Durchschlagskraft zu beeindrucken. Im Finale hingegen stieß sie einzelne Spitzentöne aus wie ein seelentoter Singroboter.

Nachdem er im ersten Akt eher auf kontemplative Weise gewirkt hatte, steigerte sich George Petean (als Ankarström) im dritten als enragierter Rächer enorm. Eine Freude: Maria Nazarova als Page Oscar. Mehr als beeindruckend auch Bongiwe Nakani. Das junge Ensemblemitglied ließ als Ulrica aufhorchen: dunkel, druckvoll und fordernd, aber auch sehr nuanciert sang die Südafrikanerin die Partie der prophetisch-pharmazeutischen Kapazität; lediglich die Höhe klang etwas strapaziert.

Sängerdienlich tempoflexibel und alles in allem in Ordnung das Dirigat von Jesús López Cobos, frisch das Finale des ersten Akts. Das Staatsopernorchester begann mit einem patinierten Sound, steigerte sich bald und tat brav seinen Feiertagsdienst. Laute Jubelchöre für den König nach dessen Ableben. (Stefan Ender, 18.4.2017)