Wien – "Ein 50-jähriger Mann bewirbt sich um eine Position in Ihrem Unternehmen. Er wurde Ihnen von einem Kollegen empfohlen. Er ist seit vier Monaten arbeitslos. In den vergangenen Jahren war er durchgehend bei einem Unternehmen beschäftigt. Er hat für einige Zeit im europäischen Ausland gearbeitet. Bisher hat er überwiegend in Teams gearbeitet."

Diese fiktive Beschreibung eines Arbeitsuchenden ist Teil eines Fragebogens, den Laura Dörfler im Rahmen eines Forschungsprojektes Personalleitern unterbreitet hat. Gemeinsam mit weiteren ähnlichen Beschreibungen hatte es sich die Soziologin und Lektorin an der Fachhochschule des BFI Wien zur Aufgabe gemacht, Altersdiskriminierung am österreichischen Arbeitsmarkt systematisch zu untersuchen.

In Relation zu anderen europäischen Ländern ist die generelle Arbeitslosigkeit in Österreich niedrig. Die Arbeitslosigkeit älterer Menschen ist dagegen höher, das Pensionsantrittsalter niedrig. "Das könnte darauf hindeuten, dass nicht nur Produktionsunterschiede, sondern eine Ungleichbehandlung eine Rolle spielt", so Dörfler. Über das Entscheidungsverhalten der Arbeitgeberseite gebe es im Zuge einer Erforschung der Altersdiskriminierung aber noch wenig Forschung.

Dörfler, deren Fachhochschul-Forschungsprojekt gleichzeitig eine Dissertation an der Universität Wien war, bediente sich bei der Untersuchung der Rolle des Alters bei Personalentscheidungen der sogenannten Vignettenmethode. "Der Ansatz, der im deutschsprachigen Raum noch wenig bekannt ist, eignet sich besonders gut für sensitive Themen wie Diskriminierung", sagt Dörfler. Bei gewöhnlichen Fragebögen hat man oft das Problem eines sozial erwünschten Antwortverhaltens, das mit der Vignettenmethoden vermindert werden kann.

Die Vignettenszenarien beinhalten, wie das eingangs wiedergegebene Beispiel zeigt, neben dem Alter eine Reihe verschiedener Variablen: Geschlecht, Alter, zurückliegende Beschäftigungen und Arbeitslosigkeit, Sozialkapital wie Empfehlungen.

Diese Variablen werden in den Vignetten systematisch variiert und im Zuge der Auswertung je nach Einfluss gewichtet. Auf diese Arten kann man eruieren, inwieweit allein das Alter ausschlaggebend für eine ungleiche Behandlung ist.

Signifikant negativer Effekt

Üblicherweise ist es schwierig, Arbeitgeber für derartige Untersuchungen zu erreichen. Dörfler hat den Online-Weg gewählt und ihren Fragebogen an Human-Resources-Manager österreichischer Großunternehmen geschickt, die also großteils über formalisierte Einstellungsprozeduren verfügen. Etwa zwei Drittel der insgesamt 122 Antwortgeber waren Frauen, über 50 Prozent hatten einen akademischen Abschluss. Zentrale Fragen waren, wie produktiv sie den Bewerber einschätzen und ob sie ihn einstellen würden.

In der Untersuchung hatte das Alter nicht nur einen signifikant negativen Effekt auf die Bereitschaft, den Bewerber einzustellen, es war auch insgesamt der stärkste Faktor. Zwar hatte soziales Kapital wie Empfehlungen von Kollegen einen positiven Effekt und das Geschlecht in der Befragung keinen Effekt. "Mit jedem steigenden Lebensalter nahm die Wahrscheinlichkeit ab, dass der Bewerber rekrutiert wird", resümiert Dörfler. "Speziell ältere Arbeitslose hatten ganz schlechte Chancen." (pum, 22.4.2017)