Demonstranten forderten unter anderem den Rücktritt des slowakischen Innenministers.

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Bratislava – Eine 18-jährige Schülerin und ihr gleichaltriger Kollege haben in der slowakischen Hauptstadt Bratislava zu Protesten gegen die Korruption im Land aufgerufen – und am Dienstag nach Polizeiangaben mehr als 8.000 Menschen auf die Straße gebracht. Die Demonstranten skandierten Slogans wie "Wir sind hier zu Hause" und "Kaliňák in den Knast".

Robert Kaliňák ist Innenminister und gehört der sozialdemokratischen Partei Smer von Premier Robert Fico an. Regierungskritiker werfen ihm seit längerem vor, den umstrittenen Immobilienunternehmer Ladislav Bašternák zu decken, der wegen möglicher Steuerhinterziehung im Visier der Ermittler ist. Dafür soll er einen Anteil an einer Firma Bašternáks zum Vorzugspreis erworben haben. Beide weisen die Vorwürfe zurück. Staatspräsident Andrej Kiska stellte sich hinter die Demonstranten: "Wenn wir still bleiben, wird sich nichts ändern", so Kiska.

Nie geklärte Fälle

Darüber hinaus forderten die Demonstranten den Rücktritt des Polizeipräsidenten sowie die Aufklärung weiterer Korruptionsfälle und nie aufgeklärter Causen, die zum Teil in die Regierungszeit von Expremier Vladimír Mečiar zurückreichen. Dazu zählt auch die mysteriöse Entführung von Michal Kováč jun., dem Sohn des damaligen gleichnamigen Staatspräsidenten, der Mečiars politischer Gegenspieler war.

Kováč jun. war 1995 von Unbekannten überfallen, mit Alkohol betäubt und nach Österreich verschleppt worden. Die Tat stand offenbar in Zusammenhang mit einem deutschen Haftbefehl gegen Kováč jun. wegen mutmaßlichen Betrugs. In seinem Heimatland Slowakei konnte der Haftbefehl nicht exekutiert werden. Wien lehnte aufgrund der Umstände eine Auslieferung nach Deutschland aber ebenfalls ab.

Frust der Jungen

Seit ein Amnestiegesetz Mečiars vor einigen Wochen vom slowakischen Parlament aufgehoben wurde, ist eine gerichtliche Klärung der Causa zumindest möglich geworden. Mehr noch dürfte es den Demonstranten vom Dienstag aber um die Bekämpfung der gegenwärtigen Korruption gehen. Die 18-jährigen Organisatoren weisen darauf hin, dass gerade viele junge Leute aus Frust das Land verlassen. Und sie engagieren sich auch im Namen ihrer Eltern, die sich 1989 für die Demokratie eingesetzt hätten: "Sie haben damals für uns gekämpft, und nun verschwindet ihr Geld in den Taschen der Oligarchen."

Robert Kaliňák nahm die Proteste gelassen: "Dass es Leute gibt, die der Meinung sind, ich sollte nicht Innenminister sein, ist ein normaler Bestandteil der Demokratie", erklärte er bereits im Vorfeld. "Die Polizei wird alles dafür tun, dass ihre Kundgebung von niemandem gestört wird." (Gerald Schubert, 19.4.2017)