Wien/Graz/Linz – Im Bemühen, die aufmüpfigen Jungen in der Partei zu zügeln, galoppieren die Youngsters den Grünen davon, machen sich selbstständig und bringen das grüne Establishment weiterhin ordentlich durcheinander. "Graz hat jetzt auf diesem Sonderparteitag gezeigt, was da noch an Aufstand kommen kann", sagt Victoria Vorraber, Sprecherin der Jungen Grünen Steiermark im Gespräch mit dem STANDARD.

Die "Grazer Zelle", vor der Grünen-Europapolitiker Michel Reimon per Facebook gewarnt hatte, hat sich gewissermaßen zur Gegenattacke formiert und nun die Parteivorsitzende Tina Wirnsberger und den gesamten Grazer Parteivorstand in den Fokus ihrer Kritik gestellt. Die Jungen fordern ganz offen, dass sich der Stadtparteivorstand zurückziehen soll.

Junge haben Rückhalt in Graz

Infolge des Konfliktes um die Parteijugend sei es beinahe zu einer Spaltung gekommen, sagt Vorraber. "Wenn wir uns weiter auf Befehl der Bundespartei zerfleischen, werden die Grünen in Graz keine Zukunft haben", ist sie überzeugt. Wirnsberger sei "ganz offensichtlich überfordert, die Partei zu führen". Sie solle zwar weiterhin den Stadtratsposten bekleiden, den Parteivorsitz aber abgeben. Die Jungen haben für die Forderung durchaus Rückhalt in der Partei. Von den fünf grünen Grazer Gemeinderäten seien drei auf der Seite der Jungen, heißt es.

Der von der Parteijugend initiierte Sonderparteitag, an dem Mittwochnacht mehr als 100 grüne Mitglieder teilnahmen, war nicht nur für Wirnsberger ein herber Schlag. Auch die nach Graz geeilten Stellvertreter von Parteichefin Eva Glawischnig, Werner Kogler und Ingrid Felipe sowie Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik schafften es nicht, die Parteibasis umzustimmen. Sie hatten vergeblich versucht, den Grazern die Bundeslinie zu erklären, wonach es eben nur eine grüne Studierendengruppe geben dürfe, nämlich die Gras.

Die Jungen Grazer Grünen setzten jedoch einen Beschluss durch, wonach in der steirischen Landeshauptstadt die ÖH-Kandidatur der Grünen Studierenden offiziell akzeptiert wird – entgegen der Linie der Bundespartei. Die Grazer Partei versuchte am Donnerstag zu beruhigen: Der Beschluss sei eine rein Grazer Angelegenheit und habe mit der Bundesvorgabe nichts zu tun.

Suche nach Auswegen

Auch in Oberösterreich ist derzeit völlig unklar, wie es mit der grünen Jugend weitergehen soll. Anfang April hatte der Landesparteivorstand einen Beschluss gefasst, dass man mit den Jungen Grünen auch künftig zusammenarbeiten wolle – insofern sie von den Grünen Studierenden Abstand nehmen. Kurz darauf verlautbarte die Sprecherin der Jungen Grünen Oberösterreich, dass sie "aus Solidarität" als Listenerste für die Grünen Studierenden antritt. "Das widerspricht unserem Beschluss natürlich diametral", sagt Maria Buchmayr, Landessprecherin der Oberösterreichischen Grünen. "Wir werden jetzt die rechtliche Situation klären und dann reagieren."

In einer Bundesvorstandsitzung am Freitag wollen die Grünen nach Auswegen aus der Krise mit ihrer Jugend suchen. (Katharina Mittelstaedt, Walter Müller, 20.4.2017)