Wien – Es sind Jammergesänge auf hohem Niveau, die mit schöner Regelmäßigkeit von Tankstellenpächtern intoniert und ebenso regelmäßig von den Mineralölfirmen stimmlich flankiert werden. Wobei sich das hohe Niveau auf die Zahl der Tankstellen bezieht, weniger auf die Margen. Denn viele Tankstellenbetreiber kommen nur mit zusätzlichem Waschservice, Shopverkauf und oft an Selbstausbeutung grenzenden Öffnungszeiten über die Runden.

2670 Tankstellen weist der Fachverband der Mineralölindustrie aus – Stand Ende 2016 (siehe Grafik). Das sind beinahe so viele, wie im Dezember 2010 österreichweit gezählt wurden und sogar 29 Stationen mehr als 2015.

Grafik: DER STANDARD

Deutlich weniger Tankstellen in Deutschland

Anders die Entwicklung in Deutschland; dort hat sich die Zahl der Tankstellen im Zeitraum 1970 bis 1985 von vormals knapp 46.000 auf gut 20.000 mehr als halbiert. Seither geht es langsamer, aber dennoch kontinuierlich weiter zurück. Ende 2016 gab es deutschlandweit noch 14.176 Tankstellen – 33 weniger als 2015.

Zieht man in Betracht, dass Deutschland rund zehnmal mehr Einwohner hat als Österreich, würden hierzulande 1.400 Stationen reichen, um die Autofahrer vergleichbar gut zu bedienen.

Schweiz hat noch mehr

Noch mehr Tankstellen pro 1.000 Einwohner gibt es in Österreichs Nachbarschaft derweil nur in der Schweiz. Die Erdölvereinigung, das dortige Pendant zum hiesigen Fachverband der Mineralölindustrie, hat Anfang des Jahres 3.461 öffentlich zugängliche Tankstellen gezählt. Davon sind aber nur 128 Stationen mit Bedienung; bei allen anderen handelt es sich um Selbstbedienungs- beziehungsweise Automatentankstellen.

Auch wenn sich die Zahl der Tankstellen in Österreich seit Jahren kaum zu bewegen scheint, unter der Oberfläche gibt es Verschiebungen: Während die großen Mineralölfirmen ihr Tankstellennetz tendenziell ausdünnen und sich insbesondere von den schwächer frequentierten Standorten trennen, fangen Unternehmen ohne klingenden Markennamen im Logo diese auf. Gab es Ende 2007 noch 1.844 Markentankstellen, waren es Ende 2016 nur noch 1.352, ein Minus von 27 Prozent binnen neun Jahren. Die Zahl sonstiger Tankstellen wie Genol, Turmöl oder Avia hat sich im selben Zeitraum um ein Drittel von 966 auf 1.318 erhöht.

Niedrige Margen

Dass man sich mit dem Verkauf von Diesel und Benzin in Österreich keine goldene Nase verdient, hat erst jüngst die Unternehmensberatung Wood Mackenzie herausgestrichen: Demnach sind die Brutto-Tankstellenmargen bei Superbenzin im Europavergleich nur in Großbritannien (7,55 Cent je Liter) niedriger als hierzulande. Bei Diesel liegen die Margen nur in Großbritannien (6,28 Cent), Frankreich (7,53 Cent) und Deutschland (8,64 Cent) unter jenen Österreichs.

Die höchsten Brutto-Margen verzeichnen seit Jahren schon Norwegen (Eurosuper: 24,87 Cent je Liter; Diesel: 21,26 Cent) und die Schweiz (Eurosuper: 23,19 Cent; Diesel: 24,33 Cent).

Mit der angepeilten Dekarbonisierung des Verkehrs kommt zusätzlich Bewegung in den Tankstellenmarkt: So mancher Standort wird aufgerüstet, damit auch E-Autos laden können. Insgesamt gibt es mehr als 3.000 Elektro-Ladestationen – Tendenz steigend. (Günther Strobel, 20.4.2017)