Belfast/London – Die Sinn-Fein-Partei beschuldigt die britische Regierung, die Koalitionsgespräche in Nordirland zu sabotieren. Der Eindruck wachse, dass in London kein Interesse an einer funktionierenden Regierung in Nordirland bestehe, sagte Sinn-Fein-Chefin Michelle O'Neill am Donnerstag.

Die Regierung in London wolle lieber kein Regionalparlament als eines, das in Opposition zum Brexit stehe. Premierministerin Theresa May habe mit ihrer Neuwahl-Entscheidung ihre "unverhohlene Geringschätzung für die Menschen im Norden" gezeigt, sagte O'Neill.

Die Mehrheit der Nordiren hatte beim Brexit-Referendum im vergangenen Jahr für einen Verbleib Großbritanniens in der EU gestimmt. Der EU-Austritt schürt Ängste, es könne zu einer festen Grenze zum EU-Mitglied Republik Irland kommen.

Die katholisch-republikanische Sinn Fein und die protestantische, pro-britische DUP (Democratic Unionist Party) verhandeln seit Wochen erfolglos über eine Regierungsbildung. Dem Karfreitagsabkommen von 1998 und anderen Abmachungen zufolge müssen die jeweils stärksten Parteien aus beiden konfessionellen Lagern eine Regierungskoalition bilden. Ein früheres Bündnis zwischen Sinn Fein und DUP war im Jänner im Streit über ein aus dem Ruder gelaufenes Förderprogramm für erneuerbare Energien zerbrochen.

Bis Anfang Mai sollen sich die beiden Parteien einigen, sonst drohen Neuwahlen oder Direktverwaltung aus London. Doch es gibt Anzeichen, dass die Frist noch einmal bis Ende Juni verlängert werden könnte. Das berichteten mehrere britische Medien am Donnerstag unter Berufung auf Verhandlungsteilnehmer. (APA, 20.4.2017)