Zellerneuerungsmechanismen spielen im Alterungsprozess eine wichtige Rolle, sie sind mit dem Insulinhaushalt gekoppelt.

Foto: iStockphoto

Nicht nur unser Lebenswandel entscheidet darüber, wie lange wir leben, sondern auch unsere Erbanlagen. Ein Forscherteam der Universitäten Köln und Bonn hat nun entdeckt, wie sich Störungen im Proteinhaushalt auf dieses genetische Programm auswirken und so Altern auslösen.

Früh in der Evolution wurden Zuckeraufnahme und die Regulation der Lebensspanne miteinander verknüpft. Entscheidend ist dabei das Hormon Insulin. Es senkt den Blutzuckerspiegel, wenn es an seinen Rezeptor auf der Zelloberfläche bindet. Gleichzeitig werden aber auch viele Prozesse zur Stressbewältigung und zum Überleben heruntergefahren. In Zeiten guter Nahrungsversorgung erscheinen sie dem Organismus als überflüssig.

Langfristig reduziert dies jedoch die Lebenserwartung. Der Insulinrezeptor wirkt also wie eine Bremse auf die Lebenserwartung. Genetisch veränderte Labortiere, bei denen der Insulinrezeptor nicht mehr funktioniert, leben tatsächlich viel länger als normal. Wie aber wird der Insulinrezeptor in unseren Zellen und Geweben normalerweise in Schach gehalten?

Die Basis der Zellentsorgung

Eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Köln und Bonn beantwortet diese grundlegende Frage. Das Forscherteam zeigt, dass das Protein CHIP dabei eine entscheidende Rolle spielt. Es wirkt als Entsorgungshelfer, indem es den Insulinrezeptor durch Anheftung eines "grünen Punktes" in Form des Moleküls Ubiquitin den zellulären Abbau- und Recyclingsystemen zuführt. Damit wird die Lebenserwartungsbremse gelöst und CHIP entfaltet eine Anti-Aging-Aktivität.

"CHIP erfüllt diese Funktion sowohl im Fadenwurm, als auch in Fruchtfliegen und beim Menschen. Das macht das Protein so interessant für uns", erklärt Thorsten Hoppe. Die Befunde waren zunächst sehr überraschend, da man CHIP bislang mit ganz anderen Abbauvorgängen in Verbindung gebracht hatte.

Multifunktionale Aufgaben

CHIP entsorgt nämlich auch fehlerhafte und beschädigte Proteine, die vermehrt im Alter auftreten und deren Anhäufung zu Demenz und Muskelschwächen führt. Tatsächlich stellten die Forscher solche degenerativen Erkrankungen im Fadenwurm und in menschlichen Zellen nach und beobachteten, dass dann nicht mehr genug CHIP für den Abbau des Insulinrezeptors zur Verfügung steht. Frühzeitiges Altern ist die Folge.

Lässt sich der Traum vom Jungbrunnen verwirklichen und das Leben verlängern, indem Forscher Zellen dazu bringen, mehr CHIP zu bilden? "So einfach ist es leider nicht", sagt Hauptautor Jörg Höhfeld vom Institut für Zellbiologie der Universität Bonn. Bei zu viel CHIP werden auch unbeschädigte Proteine dem Recycling zugeführt und so der Organismus geschwächt. Die Forscher sind aber bereits Mechanismen auf der Spur, die CHIP gerade beim Abbau des Insulinrezeptors kontrollieren und die eines Tages auch für neue Therapien nutzbar sein könnten. (red/idw, 21.4.2017)