Das Schrecklichste am gegenwärtigen Journalismus ist, dass er einem keine Zeit zum Nachdenken lässt. In der Internet-Ära wird alle vier Minuten eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Kaum hat man die Nachricht von dem Zwei-Meter-Penis (ZMP) verdaut, der ganz Traunkirchen wuki gemacht hat, absorbieren auch schon wieder die Osterhöschen die gesamte Debattenenergie, über die die österreichische Social-Media-Elite verfügt. Und zwar über Tage hinweg, ganz nach dem Motto: Put first things first!

Dabei wäre gerade der Traunkirchener Ziesemann der ideale Phall gewesen, um das sonst sträflich unterbelichtete Thema des Umgangs mit Penissen im öffentlichen Raum zu diskutieren. Aber nein: Zwei Tage lang ist die erigierte steinerne Prachtrute in aller Munde, aber heute spricht wieder kein Schwanz von ihr. Außer dem Krisenkolumnisten, der weiß, was sich gehört.

Hier einige Fragen, die die Causa aufgeworfen hat und die dringend der Klärung harren: Warum die unglaubliche Aufregung der Traunkirchner? Was hat sie daran gehindert, den ZMP als Bereicherung des Traunkirchener Ortsbilds willkommen zu heißen ("Die Sonne scheint am Penis – scheen is")? Hatten sie das Gefühl, dass der ZMP nicht ausreichend gegendert wurde, was man ja durch das parallele Aufstellen einer Zwei-Meter-Muschi spielend hätte erreichen können? Bestand die Gefahr, dass die Muschi das Land spaltet? Wird Felix Baumgartner die Eier haben, seinen Senf zu dieser Sache dazuzugeben?

Warum hat der Eigentümer der Statue eigentlich den Schwanz eingezogen und das Ding mit einem Futteral verhüllen lassen? War es nötig, eigens dieses Futteral anzufertigen, oder hätte es auch eine Burka getan? War die Verhüllung der Statue endgültig, oder hätte man den Besitzer mit einem Cornetto Heidelbeer dazu motivieren können, sie wieder herzuzeigen? Hat der ZMP den Straftatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt? Hätte sein Besitzer von Rechts wegen vor ein Nudelgericht gestellt gehört? Offene Fragen über offene Fragen!

Vorschlag des Krisenkolumnisten: Jetzt schleunigst ein Plätzchen in den Social Media schaffen, wo weiter über den ZMP debattiert werden kann, also eine Diskussionsgruppe "Beidln auf Facebook" zum Beispiel. Wenn alles nichts nutzt, können die Traunkirchener das Ding ja immer noch absiedeln. Nach Fucking wäre vielleicht nicht übel. (Christoph Winder, 22.4.2017)